Stimmungsmache
Die Regierung tut, was sie angekündigt hat. Sie arbeitet ihr Koalitionsprogramm eisern ab und trotzt dabei allen Widerständen. Überraschungen bleiben also aus. Details werden häppchenweise serviert. Zuvor aber streuen die schwarzen und blauen Büros fleißig (Des)Informationen, um sich in ihren Vorhaben zu bestärken. Grenzen gibt es dabei keine. Immerhin zeigt sich ein neuer Stil von Stimmungsmache bis zum Wortbruch.
Ein internes Papier des Arbeitsmarktservice (AMS) sollte etwa auf den Reformbedarf aufmerksam machen. Mitarbeiter haben Probleme bei der Betreuung von Arbeitslosen mit nicht-deutscher Muttersprache beklagt. Dass es sich dabei um Einzelbeobachtungen handelte, wie die AMS-Spitze versicherte, interessierte kaum. Das Budget des Arbeitsmarktservices wurde gekürzt, vor allem bei der Integration. Später folgte ein Treffen mit dem Management und die Vereinbarung, dass das AMS bis Juni Reformvorschläge vorzulegen hat.
Die Sozialversicherungen bekommen dafür keine Zeit. Die Regierung will die anvisierte Zusammenlegung bis Mitte Mai in Gesetzesentwürfe gießen. Für etwas Rückenwind dient auch da die Taktik: Schlechtreden statt Fakten schaffen. Welche Intention könnte Schwarz-Blau sonst haben, wenn sie die Kassen mit Zahlen, die teils aus dem Zusammenhang gerissen wurden, an den Pranger stellt? Was nutzt diese Information, während die eigentlichen Berechnungen zur Kassenzusammenlegung im Verbogenen bleiben?
Auch die Vereinheitlichung der Mindestsicherung steht aus. Die Soziallandesräte hätten ursprünglich bis Ende Juni Zeit gehabt, sich auf ein gemeinsames Modell zu einigen. Das hat ihnen die Sozialministerin zugesagt. Elf Tage später erklärte die Regierungsspitze die Abmachung für nichtig. Man werde bereits 30 Tage vor Ablauf der Frist einen Entwurf vorlegen.
Die Regierung tut sich mit diesem Stil nichts Gutes. Grundsätzlich wäre es ja mutig, Reformen in diesem Tempo anzugehen. Allerdings brauchen ÖVP und FPÖ dafür auch Partner. Das ist in einem Staat, in dem nicht nur die Sozialpartnerschaft, sondern vor allem die Länder und Gemeinden eine zentrale Rolle einnehmen, am Ende ausschlaggebend für den politischen Erfolg. Anprangern, verschmähen und Stimmung machen wird ihnen da nicht weiterhelfen. Zumindest nicht langfristig. Denn irgendwann wird auch die schwarz-blaue Bundesregierung auf das Wort ihrer Partner angewiesen sein.
„Die Regierung tut sich mit diesem Stil nichts Gutes. Auch ÖVP und FPÖ brauchen Partner für Reformen.“
Birgit Entner
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