Abdullah Gül in Reserve

Doch Erdogan auf allen Gebieten erfolgreich.
istanbul Die Außenminister der Türkei, Irans und Russlands haben sich am Wochenende in Moskau getroffen. Die drei Bundesgenossen in Syrien berieten sich angesichts des frischen US-Nahostvorstoßes durch Donald Trumps neuen Außenminister Mike Pompeo in Saudi-Arabien, Jordanien und Israel über die Zukunft ihrer Blockbildung und von Teherans atomarer Selbstbeschränkung. Ihre Zuverlässigkeit stellen die USA, die Israelis, aber auch Frankreich in Frage.
Gleichzeitig wurde die türkisch-russische Missstimmug ausgebügelt, die eine Folge von Recep Tayyip Erdogans Jubel über den westlichen Luftangriff auf das ihm verhasste, aber von Wladimir Putin gestützte Assad-Regime war. Ankara versöhnte Moskau mit einer kirchenpolitischen Dienstleistung in der Ukraine: Dort hatte der Patriarch aus Istanbul als Haupt der orthodoxen Gemeinschaft die Autokephalie – kirchliche Unabhängigkeit – von Moskau versprochen. Eine hochpolitische Sache! Erdogan knöpfte sich darauf Bartholomaios I. vor und warnte ihn, sich über die Türkei hinweg in ausländische Angelegenheiten einzumischen. Nun war Putin mit seinem schwierigen Partner in Ankara wieder ausgesöhnt. Zum Abschluss des Moskauer Treffens ist von einer wieder gewachsenen Atmosphäre des Vertrauens die Rede.
Seinen zweiten Erfolg erzielte Erdogan im eben begonnenen Wahlkampf für die von 2019 auf diesen 24. Juni vorverlegte Neubestellung von Staatsoberhaupt und Volksvertretung. Dabei sah es für ihn schon recht kritisch aus: Sein früher Weggefährte und Vorgänger im Präsidentenamt, Abdullah Gül, zeigte sich nicht abgeneigt, als gemeinsamer Kandidat aller Oppositionsparteien gegen Erdogan anzutreten. Das Verhältnis zwischen beiden war einmal so herzlich, dass Gül 2003 als Ministerpräsident zurücktrat, um für seinen Parteifreund Platz zu machen. Erst zunehmende Missbilligung der autoritären und korrupten Politik Erdogans und die unschöne Weise, wie dieser 2014 den inzwischen zum Staatsoberhaupt aufgestiegen Gül zu seinen eigenen Gunsten aus dem Amt verdrängte, führte zur Feindschaft zwischen den beiden. Gül blieb aber immer populär.
Die konservativ-islamische Oppositionspartei Saadet (Glück) kam daher auf die Idee, als Alternative zu Erdogan Abdullah Gül für Juni aufzustellen. Eine breitere Unterstützung scheiterte jedoch am Ehrgeiz der anderen Kandidatinnen und Kandidaten, die nicht zugunsten von Gül aufgeben wollten. Auch Ex-Premier Ahmet Davutoglu, der sich ebenfalls von Erdogan getrennt hatte, unterstützte ihn nicht. Abdullah Gül verzichtete daraufhin wegen mangelndem Rückhalt, ließ jedoch wissen, dass er politisch weiter in Reserve bleibt.