Die Rückkehr des alten, mächtigen Mannes
Hoppla, er ist wieder da. Also fast, er wäre so gerne wieder da. Peter Pilz beglückte das Wahlvolk kürzlich mit neuer Homepage und der Ankündigung: „Ich bin zurück“ im politischen Spiel „und bald im Parlament“. Eine gefährliche Drohung für all jene, die finden: So geht das nicht. Sich einfach wieder durch die Seitentür reinschlängeln, noch dazu, ehe die Vorwürfe gegen ihn wegen sexueller Belästigung geklärt sind. Und auch noch nicht einmal klar sein dürfte, wer von den „Liste Pilz“-Abgeordneten den Platz für die Rückkehr des Chefs räumen soll, irgendwer wird sich schon rausverhandeln lassen. Die Republik braucht ihn. Glaubt Pilz.
Im November 2017 schien er noch etwas selbstreflexiver unterwegs. Nach dem Bekanntwerden neuer Vorwürfe sexueller Belästigung gegen ihn im „Falter“ gab der langjährige Aufdecker bekannt, sein Mandat für den neuen Nationalrat nicht anzunehmen. „Ich bin einer dieser älteren, mächtigen Männer, die zum Teil noch aus anderen politischen Kulturen kommen“, sagte Pilz. „Und wenn ich mich nicht angeloben lasse, dann hat das auch mit dem Wahrnehmen dieser Verantwortung zu tun. Dann ist es auch ein Signal an meine Geschlechtsgenossen in ähnlicher Position: Lernen wir was draus. Wir können Besseres. Und wenn ich nicht gut war, dann zahle ich jetzt meinen persönlichen politischen Preis dafür.“
Nur: Selbsterkenntnis zahlt keiner. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Pilz noch wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung in mehreren Fällen, der will mit seiner Rückkehr den Abschluss der Ermittlungen eben nicht abwarten, weil er sich politisch blockiert wähnt und zwei betroffene Frauen die Erlaubnis zur strafrechtlichen Verfolgung nicht gegeben haben. Es geht in der Causa Pilz allerdings nicht nur um juristische Fragen.
Falls Peter Pilz bald wieder im Parlament sitzt, als wäre nichts gewesen, dann heißt das auch: Stellt euch nicht so an, ihr Weiber, äh, Frauen! Es ist völlig egal, wie sich ein Mann benimmt, ob Fehlverhalten oder Übergriffe geklärt sind – ein wichtiger und gut vernetzter Mann darf wiederkommen, es ist sein natürliches Recht. Ein bisschen strategischer Rückzug, sich aus der Schusslinie nehmen, das reicht. So nimmt man vielen Frauen die Zuversicht, dass sich etwas ändern kann und dass sich Männer und Frauen anders begegnen können.
Aber auch Peter Pilz verliert. Seine Glaubwürdigkeit, seine politischen Verdienste, die künftig immer von den Belästigungsvorwürfen überschattet sein werden; sein altes, heroisches Image ist kaputt.
Oder ganz ketzerisch gesagt: Der einzige Mensch, der einen Untersuchungsausschuss ohne den Aufdecker Pilz noch für unvorstellbar hält, ist Peter Pilz.
„Causa Pilz: Ein bisschen strategischer Rückzug, sich aus der Schusslinie nehmen, das reicht.“
Julia Ortner
julia.ortner@vn.at
Julia Ortner ist Journalistin mit Vorarlberger Wurzeln und lebt in Wien. Podcast: @ganzoffengesagt
Kommentar