Cottarelli braucht mehr Zeit für Ministerliste

Politik / 29.05.2018 • 22:40 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Cottarelli (l.) traf bei seinen Bemühungen auf gnadenlosen Widerstand. reuters
Cottarelli (l.) traf bei seinen Bemühungen auf gnadenlosen Widerstand. reuters

Regierungsbildung in Italien verzögert sich. Mehrheit im Parlament immer unwahrscheinlicher.

rom Die Bildung einer italienischen Übergangsregierung unter dem designierten Ministerpräsidenten Carlo Cottarelli zieht sich in die Länge: Nach einem Treffen mit Staatspräsident Sergio Mattarella (76) sagte Cottarelli, er brauche mehr Zeit für seine Ministerliste. Allzu lange werde es nicht mehr dauern. Damit dementierte der 64-Jährige Spekulationen, wonach er das Handtuch werfen wolle. Mit einer Präsentation des Expertenkabinetts war eigentlich am Dienstag gerechnet worden.

Mattarella hatte den Ökonomen mit der Regierungsbildung beauftragt, um Italien 2019 in eine Neuwahl zu führen. Zuvor waren die Gespräche über ein Kabinett aus den EU-skeptischen Kräften Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung geplatzt. Der Präsident lehnte es ab, den Euro-Kritiker Paolo Savona (82) zum Finanzminister zu ernennen. Cottarelli dürfte sein Expertenkabinett allerdings kaum durch das Parlament bringen. Selbst die Sozialdemokraten prüfen eine Stimmenthaltung bei der Vertrauensabstimmung, wie die Partei am Dienstag mitteilte. Lega, Fünf-Sterne-Bewegung, Forza Italia und die Rechtsgruppierung Fratelli d’Italia hatten zuvor schon erklärt, fix dagegen zu stimmen. Sollte Cottarelli keine Mehrheit bekommen, dürfte er seinen Rücktritt einreichen. Der Präsident könnte den Übergangspremier dann bitten, Italien geschäftsführend bis zu einem früheren Neuwahltermin, wahrscheinlich im Herbst, zu führen. 

Umfragen zufolge profitiert davon vor allem die Lega von Matteo Salvini (45). Die Partei kommt derzeit auf etwa 25 Prozent, bei der Wahl im März erreichte sie rund 17 Prozent. Dass der Parteichef vehement an Savona als Finanzminister festgehalten habe, schätzt der Politologe Günther Pallaver (63) von der Universität Innsbruck demnach auch als Provokation ein, um eine Neuwahl zu erzwingen. „Selbst die Fünf-Sterne-Bewegung ist von dieser Aktion eher überrascht worden.“ Die Europäische Union dürfte jedenfalls Hauptthema im Wahlkampf werden, sagt Pallaver. „Es wird sicherlich zu einer Auseinandersetzung zwischen EU-freundlichen und EU-skeptischen Parteien kommen.“

Am Dienstag heizten Interview­aussagen von EU-Kommissar Günther Oettinger (64)  die Spannungen zwischen Rom und Brüssel weiter an. Oettinger hatte in einem Gespräch mit der Deutschen Welle die Hoffnung ausgedrückt, dass die negative Reaktion der Finanzmärkte die Italiener davon abbringen werde, Populisten zu wählen. Fünf-Sterne-Bewegung und Lega reagierten mit Empörung. Selbst Kommissionschef Jean-Claude Juncker (63) sah sich zu einer Klarstellung gezwungen. „Es sind die Italiener und nur die Italiener, die über die Zukunft ihres Landes entscheiden“, sagte sein Sprecher. VN-RAM

Cottarelli dementierte Gerüchte über einen möglichen Amtsverzicht. Ein Treffen mit dem Präsidenten verlief ergebnislos. Reuters

Cottarelli dementierte Gerüchte über einen möglichen Amtsverzicht. Ein Treffen mit dem Präsidenten verlief ergebnislos. Reuters