Spitzensteuersatz: Einkommensmillionäre liefern extra viel ab

Politik / 23.02.2019 • 07:30 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Spitzensteuersatz: Einkommensmillionäre liefern extra viel ab

SPÖ will 70 Prozent, Koalition 55 Prozent verlängern

WIEN Sozialdemokraten haben ein Thema für klassenkämpferische Töne gefunden: Der freiheitliche Finanzstaatssekretär Herbert Fuchs hat sich dafür ausgesprochen, den Spitzensteuersatz von 55 Prozent auslaufen zu lassen. Mehr hat er nicht gebraucht. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder schäumt ebenso wie der Finanzsprecher der Partei, Kai Jan Krainer. Konzernvorständen werde damit der Gegenwert eines „ziemlich fetten Autos“ geschenkt, schäumte dieser. Die Chefin der Sozialistischen Jugend, Julia Herr, ging noch weiter: „Der Spitzensteuersatz sollte auf 70 Prozent erhöht werden“, forderte sie.

In Wirklichkeit wird es wohl bei den 55 Prozent bleiben. Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) haben Fuchs bereits zurückgepfiffen: „Es gibt derzeit keine Grundlage, an dem Spitzensteuersatz zu arbeiten oder irgendwas zu tun.“

Nur Übergangsregelung

Was die Sozialdemokraten verschweigen, ist dies: Die 55 Prozent sind zwar unter einem „schwarzen“ Finanzminister (Hans Jörg Schelling) eingeführt worden, aber unter ihrer Beteiligung. Kanzler war damals, 2015/2016, der SPÖ-Vorsitzende Werner Faymann. Und überhaupt: Laut Gesetz sollte es sich nur um eine Übergangsregelung bis 2020 handeln. Danach sollte es wieder zurück auf 50 Prozent gehen. Strache und Löger wollen das jedoch verhindern. Sie wollen dafür sorgen, dass eine dauerhafte Regelung daraus wird.

Der Spitzensteuersatz von 55 Prozent trifft sehr, sehr wenige Österreicher. Er gilt nämlich nur für Einkommensteile ab einer Million Euro im Jahr. Statistik Austria hat näheres dazu erhoben: Vom Boden- bis zum Neusiedlersee gibt es den jüngsten Daten zufolge, die verfügbar sind, 463 Arbeitnehmer und Selbstständige, die mehr als eine Million Euro brutto verdienen. Durchschnittlich kamen sie 2015 auf etwas mehr als zwei Millionen Euro und lieferten 959.000 Euro an Lohn- und Einkommensteuer ab. Durch den um fünf Prozentpunkte erhöhten Spitzensteuersatz hat sich diese Summe später um rund 50.000 Euro erhöht. Dem Fiskus brachte das alles in allem einen zweistelligen Millionenbetrag extra.

In Vorarlberg allein gibt es 18 Einkommensmillionäre. Im Schnitt verdienten sie im Bezugsjahr 1,9 Millionen Euro und lieferten Steuern in Höhe von 790.000 Euro ab.

„Die 55 Prozent sind als symbolische Maßnahme eingeführt worden. Von der Optik her sind sie jedoch problematisch: In den internationalen Vergleichen werden wir mit diesem Spitzensteuersatz angeführt, der nur ganz wenige betrifft und der auch nicht aufkommensrelevant ist“, analysiert die Budgetexpertin des Wirtschaftsforschungsinstitutes WIFO, Margit Schratzenstaller. Tatsächlich kommen mit den insgesamt 463 österreichischen Superverdienern gerade einmal 0,007 Prozent der Steuerpflichtigen auf mehr als eine Million Euro brutto im Jahr. Zur Lösung des Problems empfiehlt Margit Schratzenstaller eine Debatte über die Bemessungsgrundlage. Relevanter als der Steuersatz ist schließlich, was alles berücksichtigt wird.