Sei wie Greta: Heldin einer Generation
Spätestens seit die 16-jährige Klima-Aktivistin Greta Thunberg wenige Kilometer von hier in Davos beim Weltwirtschaftsforum ihr Zelt aufgeschlagen hatte, war ihr Weg auf die Weltbühne besiegelt. Vorige Woche wurde sie Schwedens “Frau des Jahres”, nun ist sie auch für den Friedensnobelpreis nominiert. Greta Thunberg hat die Klimaschutzbewegung mit ihrem “Skolstrejk för klimatet” wieder zu einer echten Bewegung gemacht. Eine Dynamik, nach der Parteistrategen üblicherweise dürsten und die nur eintritt, wenn es wirklich um etwas geht. Der Greta-Hype hat freilich auch Kritiker auf den Plan gerufen, im Netz schlägt ihr auch Hass entgegen. Ein natürliches Phänomen, muss man inzwischen leider feststellen. Doch Greta ist längst zur Klima-Influencerin, zur Heldin einer ganzen Generation, geworden. Eine, die die Macht hat, unseren Umgang mit dem Klimawandel zu beeinflussen. Zehntausende gingen anlässlich der auf Greta Thunberg zurückgehenden “Fridays For Future” gestern in Österreich auf die Straße, an die 2000 davon in Bregenz.
Und es wäre nicht Österreich, nicht Vorarlberg, wäre zuvor nicht darüber mit erhobenem Zeigefinger darauf hingewiesen worden, dass es eigentlich so etwas von verboten ist, am Freitagvormittag dem Schulunterricht fernzubleiben. Und jetzt? Allen, die gestern in Bregenz bei strömendem, kaltem Regen auf die Straße gegangen sind, gebührt nicht ein Eintrag im Klassenbuch, sondern ein “Sehr gut” in gesunder Aufmüpfigkeit, Vorarlberger Hausverstand und Weitsichtigkeit!
Österreichweit über 30.000 haben auf ihren Instinkt und nicht auf die Empfehlung von Unterrichtsminister Heinz Faßmann gehört, vielleicht doch besser am Nachmittag nach der Schule ein bisschen zu streiken.
Junge mit Ecken und Kanten
Immer wieder lamentieren Alte, die Jungen hätten keine Ecken und Kanten. Eine ganze Generation, vermeintlich verloren an und ferngesteuert von Handy-Bildschirmen. Junge aus ganz Vorarlberg haben am Freitag in Bregenz eindrucksvoll demonstriert, dass sie nicht der Kopf-nach-unten-Generation, sondern der Blick-nach-vorne-Generation angehören.
Der 72-jährige US-Präsident Trump kann den menschlichen Beitrag zum Klimawandel leicht leugnen: Er wird sich mit den Folgen nicht mehr beschäftigen müssen. Anders ist das bei den Schülern, die gestern vor dem Landhaus ihre Handy-Wecker klingeln ließen, um die Politik aufzuwecken, und bei Greta Thunberg. Sie wird 2050 noch keine 50 Jahre sein. Auch wenn das heute unfassbar weit enfernt scheint.
„Den Schülern gebührt nicht ein Eintrag im Klassenbuch, sondern ein ,Sehr gut‘ in gesunder Aufmüpfigkeit, Vorarlberger Hausverstand und Weitsichtigkeit.“
Gerold Riedmann
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Gerold Riedmann ist Chefredakteur der Vorarlberger Nachrichten.
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