Dornbirner Wikipedia-Autor Planinger über Aktion gegen Urheberrechtsreform

Protest: Online-Enzyklopädie ist bald einen Tag lang nicht verfügbar.
wien „Das wäre eine Gefahr für das freie Internet“, glaubt Thomas Planinger. Die Rede ist von der geplanten EU-Urheberrechtsreform. Der 29-jährige Dornbirner Planinger schreibt seit 2004 ehrenamtlich Artikel für die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Während die Befürworter der Reform, darunter etwa Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, damit argumentieren, dass Journalisten, Verleger und andere Urheber geistigen Eigentums auch im Internetzeitalter eine faire Vergütung bekommen sollen, sind Gegner wie der Wahlwiener Planinger alarmiert. Die Pläne gingen zu weit, meint er. Deshalb haben die Wikipedia-Autoren am 21. März eine Protestaktion geplant. Von 0 bis 24 Uhr werden die deutschsprachigen Wikipedia-Seiten nicht erreichbar sein. Wer sie aufsucht, wird lediglich einen Protestbanner sehen.
Abstimmung Ende März
Die Abstimmung im Europäischen Parlament zur „Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ wird Ende März erwartet. Insbesondere Artikel 11 und Artikel 13 sind Kritikern ein Dorn im Auge. Ersterer sieht ein Leistungsschutzrecht für Verlage vor. Das bedeutet: Suchmaschinen wie Google dürfen nicht mehr ohne Weiteres Ausschnitte aus Berichten in ihren Suchergebnissen oder bei Google News anzeigen. Sie müssen um Erlaubnis bitten und auch für die Inhalte bezahlen. Artikel 13 betrifft vor allem Plattformen wie YouTube oder Instagram, für kleinere Unternehmen soll es Ausnahmen geben. Geschützte Werke müssen demnach lizensiert werden, bevor sie auf die Plattform gelangen. Andernfalls dürfen sie nicht hochgeladen werden. Die Gegner befürchten Zensur. Sie glauben, dass an sogenannten Uploadfiltern gar kein Weg vorbeiführt.

Wikipedia ist keine Insel der Seligen. Wir sind nicht im luftleeren Raum
Thomas Planinger, Wikipedia-Autor
Nicht-kommerzielle Seiten wie Wikipedia wären nicht direkt betroffen. Wikipedia-Autor Planinger, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Wirtschaftsuniversität Wien arbeitet, bekräftigt aber: „Wikipedia ist keine Insel der Seligen. Wir sind nicht im luftleeren Raum.“ Es gehe bei der Protestaktion auch darum, eine Verpflichtung gegenüber der Netzgemeinde zu wahren. Außerdem befürchtet das Vorstandsmitglied des gemeinnützigen Vereins Wikimedia Österreich indirekte Auswirkungen. „Als Autoren sind wir bei unserer Recherche auf frei zugängliche neutrale Quellen angewiesen.“ Das Internet sei kein rechtsfreier Raum, „doch ich glaube, dass die gesetzlichen Regelungen, die wir auf nationaler Ebene haben, ausreichend sind.“
Offener Brief
Die ÖVP begrüßt die Urheberrechtsreform. „Der Schutz geistigen Eigentums und die entsprechende Vergütung Leistungen Dritter ist eine Frage der Gerechtigkeit“, meinte EU- und Medienminister Gernot Blümel (ÖVP). 230 Organisationen und Verbände aus der europäischen Verlags- und Kreativbranche, auch aus Österreich, zählen ebenso zu den Befürwortern. In einem offenen Brief fordern sie das EU-Parlament auf, der Richtlinie grünes Licht zu geben. Kritisch sind SPÖ und Neos. Europaweit sollen am 23. März Demonstrationen gegen die Reform stattfinden.
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.