Eine Pflegeversicherung könnte teuer werden

Politik / 25.03.2019 • 16:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ): Die Bundesregierung sucht nach einer Lösung zur Pflegefinanzierung.  APA
Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ): Die Bundesregierung sucht nach einer Lösung zur Pflegefinanzierung. APA

IHS-Studie zeigt, dass hohe Beiträge fällig wären, aber auch kostspielige Ansprüche bestehen würden.

Wien Man könnte meinen, zur nachhaltigen Absicherung der Pflege, die die Bundesregierung laut Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Laufe dieses Jahres klären möchte, hat schon jemand vorgearbeitet. „Optionen zur Deckung des zukünftigen Finanzierungsbedarfs“, lautet jedenfalls der Titel einer Untersuchung, die Monika Riedel vom Institut für Höhere Studien (IHS) 2015 erstellt hat. Und zwar nicht aus eigenem Antrieb heraus, sondern im Auftrag des Finanzministeriums. „Es gibt bereits einiges an Expertise“, bestätigt die Forscherin im Gespräch mit den VN: Notwendig wären politische Zielvorgaben, zu welchen Bedingungen die Finanzierung erfolgen soll, auch ob sie über eine Versicherung oder über Steuern durchgeführt werden soll. Beides ist noch offen.

Vier Milliarden als Ausgangsbasis

Die IHS-Studie ging von rund vier Milliarden Euro aus, die jedes Jahr aufgewendet werden müssen. So viel floss zumindest bisher in das Pflegegeld sowie andere Leistungen, die von Ländern und Gemeinden erbracht werden. Tendenz: stark steigend. Bis 2060 soll sich der Anteil gemessen am Bruttoinlandsprodukt auf 2,8 Prozent verdoppeln.

Riedel hat sich mit ein paar Kolleginnen und Kollegen unterschiedliche Versicherungsmodelle angeschaut. Fündig wurden sie in Deutschland, den Niederlanden, Japan und Südkorea. Pflege ist dort Teil der Sozialversicherung. Wobei in Japan die Beitragspflicht erst für 40-Jährige einsetzt und bis 64 relativ gering ist. Höher ist die Belastung für noch Ältere.

Zwei Versicherungsvarianten

Für Österreich wurden für die Studie zwei Versicherungsvarianten durchgerechnet: Eine, die alle Erwerbs- und Pensionseinkommen betrifft. In diesem Fall müsste der Beitragssatz 2,7 Prozent betragen. Würde man sich auf Pensionen beschränken, müsste es sich gar um 12,3 Prozent handeln. Die Konsequenzen wären in diesem Fall jedoch unzumutbar: Die Netto-Pensionen würden durchschnittlich um achteinhalb Prozent sinken. Andererseits würde eine Versicherung, die auch Erwerbstätige umfasst, wiederum den Arbeitsmarkt belasten.

Und überhaupt: Was viel zu wenig beachtet werde, sei, dass mit einer Pflegeversicherung auch Ansprüche erworben werden, so die Expertin. Diesbezüglich gebe es eine „ganze Bandbreite, von einer 24-Stunden-Betreuung zu Hause, die wohl den meisten am liebsten wäre, bis hin zu einem Heimplatz“. Alles in allem würde das sehr teuer werden.

“Erbschaftssteuer wäre sinnvoll”

Für Riedel spricht sehr viel für eine Beibehaltung der bestehenden Steuerfinanzierung. Auch wenn die nötigen Aufwendungen in den kommenden Jahren zunehmen werden. Ihr Lösungsansatz dafür: „Eine Erbschaftssteuer wäre meines Erachtens ein sinnvoller Finanzierungsbeitrag. Bei ihr wäre eine Zweckbindung für die Pflege auch inhaltlich sehr gut argumentierbar.“ Realistisch ist das jedoch nicht, wie die Forscherin selbst einräumt: „Die Politik hat eine Erbschaftssteuer ausgeschlossen.“

Folglich wird es spannend, worauf sich Kanzler Kurz und Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ) sowie Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) als hauptverantwortliches Regierungsmitglied festlegen werden. Zumal Belastungen tabu sind. Doch geht es ganz ohne? „Man muss sich im Klaren sein, dass das Geld irgendwo herkommen muss“, sagt Riedel. „Wenn man das ohne Pflegeversicherung und ohne Steuererhöhungen bewerkstelligen möchte, dann sollte man klar und deutlich sagen, wie man das über Leistungskürzungen in diesem oder in anderen Bereichen zusammenbringt, und zwar nachvollziehbarer, als man das bei der einen Milliarde Euro bei der Sozialversicherungsreform getan hat.“ In diesem Fall ist das behauptete Einsparungsvolumen sogar vom Rechnungshof und dem Budgetdienst des Parlaments sehr offen infrage gestellt worden.

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