Großes Interesse an EU-Wahl in Großbritannien

Politik / 22.05.2019 • 22:37 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Den Umfragen zufolge hat Farages Brexit-Partei gute Chancen. AFP
Den Umfragen zufolge hat Farages Brexit-Partei gute Chancen. AFP

Brexit-Chaos: Briten schreiten heute zu den Wahlurnen.

london Es ist eine Wahl, die so nicht geplant war: Die EU-Wahl in Großbritannien, die bereits heute, Donnerstag, stattfindet. Das Land will die Europäische Union verlassen. Der Austritt sollte eigentlich schon im März über die Bühne gehen. Doch daraus wurde nichts. Das von Premierministerin Theresa May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen fiel drei Mal im britischen Unterhaus durch. Gespräche von Mays Tories und der Labour-Opposition über einen Kompromiss liefen ins Leere. Der Brexit bleibt erst einmal aufgeschoben, die neue Frist dauert bis 31. Oktober. Nun muss das Land noch einmal mitwählen, selbst wenn die 73 britischen EU-Abgeordneten ihren Job möglicherweise nicht lange ausüben. Wie lange, bleibt unklar.

Rücktrittsgerüchte

Auch Mays Versuch, ihren Deal Anfang Juni ein viertes Mal im Parlament vorzulegen, dürfte nicht von Erfolg gekrönt sein. Zwar kündigte sie Zugeständnisse an, die Reaktionen fielen aber vernichtend aus. Rücktrittsgerüchte machten die Runde, die die Regierung dann aber dementierte. Zurückgetreten ist aber die Ministerin für Parlamentsfragen, Andrea Leadsom. Sie äußerte Bedenken gegen den jüngsten Brexit-Kurs der Regierung.

„Es gibt ein großes Interesse an der EU-Wahl“, berichtet die britische Politikwissenschaftlerin Melanie Sully. Hauptgrund sei die neue Brexit-Partei des EU-Abgeordneten Nigel Farage. „Die Konservativen wurden hingegen auf dem falschen Fuß erwischt. Sie wollten die Wahl nicht. Nun wissen sie nicht, wie damit umgehen. In einigen Wahlkreisen gibt es einen Boykott.“ Das habe Farage gut ausgenutzt, dabei spiele ihm auch das britische Wahlsystem in die Hände, das klare Entscheidungen notwendig mache. Auch Labour dürfte ordentlich verlieren. „Jene Parteien, die für den Verbleib in der EU sind, haben das Problem, dass sie keine gemeinsame Liste bilden konnten“, schildert die Politologin weiter. Dafür war nach dem britischen Wahlgesetz keine Zeit mehr. Schließlich folgte die Ankündigung, dass Großbritannien fix an der Wahl teilnehmen wird, erst Anfang Mai. Punkten dürften indes Grüne und Liberaldemokraten. Dass die Briten mitwählen, hat zur Folge, dass die Mandate im EU-Parlament weiterhin nach dem alten Schlüssel verteilt werden. Bisher war vorgesehen, dass 27 der 73 britischen Sitze an andere Staaten gehen. Österreich hätte statt 18 künftig 19 EU-Abgeordnete gehabt. „Wenn es zum Brexit kommt, werden die Mandate neu verteilt“, schildert Sully. Bis es so weit ist, müssen sich jene Staaten wie Österreich, die zusätzliche Mandate bekommen, also noch etwas gedulden. VN-RAM