Hoffen auf Vorzugsstimmen
Spezielles System der ÖVP könnte Mandat für Zoll bringen.
bregenz Dem neuen Europäischen Parlament gehört mindestens eine Vorarlberger Abgeordnete an: Die Nenzingerin Claudia Gamon (30) hat ihre Partei, die Neos, als Spitzenkandidatin in die EU-Wahl geführt. Die anderen Vorarlberger Kandidaten befinden sich auf hinteren Listenplätzen, ein Einzug ins EU-Parlament war von vornherein unwahrscheinlich. Daran dürften wohl auch die Vorzugsstimmen nicht mehr viel ändern. Die gesetzliche Hürde liegt bei fünf Prozent aller Wähler einer Partei. Gewissheit gibt es erst am Dienstag oder Mittwoch. Dann will das Innenministerium die Auswertung der Vorzugsstimmen veröffentlichen. Hoffnungen kann sich allenfalls der 26-jährige Christian Zoll aus Lustenau machen, der auf dem neunten Listenplatz der Volkspartei für die Junge ÖVP gereiht wurde. Grund dafür ist das spezielle Vorzugsstimmensystem der ÖVP: Die Fünf-Prozent-Regel gilt nicht; wer am meisten erhält, bekommt das erste Mandat, jener mit den zweitmeisten Vorzugsstimmen das zweite und so weiter. „Es wird schwierig“, räumt Zoll ein. „Die vor mir Gereihten haben einen hohen Bekanntheitsgrad. Aber möglich ist alles.“ Über das Abschneiden seiner Partei meint er: „Das kann man durchaus als Erdrutschsieg bezeichnen.“ Der Vorarlberger SPÖ-Spitzenkandidat Nathaniel Heinritz wertet das Ergebnis im Bund als „stagnierend“, freut sich aber über das Plus im Land. Einen Vorzugsstimmenwahlkampf habe er nicht geführt, sagt der Feldkircher Jurist, der auf Platz elf der Wahlliste gereiht wurde. Auch Simon Vetter (35), der für die Landes-Grünen als Spitzenkandidat ins Rennen ging und auf Platz acht kandidierte, erwartet sich „kein mittleres Vorzugsstimmenerdbeben“. Das Ergebnis seiner Partei wertet der Lustenauer Unternehmer und Landwirt aber als „schönes Zeichen, dass die Grünen wieder zurück sind“. Für die Vorarlberger FPÖ-Spitzenkandidatin Andrea Kerbleder (42) wird sich das Mandat ebenfalls nicht ausgehen. Die 42-jährige Großhandelskauffrau und selbstständige Trainerin befindet sich auf dem neunten Listenplatz der FPÖ. „Für mich war von vornherein klar, dass ich eher nicht nach Brüssel komme, dafür aber in Vorarlberg einen tollen Wahlkampf mache“, sagt die 42-Jährige. Angesprochen auf das FPÖ-Ergebnis meint Kerbleder: „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.“ Vor dem Hintergrund des Ibiza-Skandals hätte es ihr zufolge schlimmer kommen können.