Parteienfinanzierung: Wo Ibiza ohne Folgen bleibt

Politik / 02.07.2019 • 06:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Parteienfinanzierung: Wo Ibiza ohne Folgen bleibt
Die Reform des Parteiengesetzes soll morgen, am Mittwoch, im Nationalrat beschlossen werden. APA

Rechnungshof bleibt zahnlose Kontrollinstanz.

wien Wie man große Parteispenden an Rechnungshof und Öffentlichkeit vorbeischleusen kann, hat Ex-Vizekanzler und -FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vor zwei Jahren auf Ibiza in dem Gespräch mit der vermeintlichen Oligarchin geschildert. Möglich ist es über einen Verein, über den das Geld fließt. Dokumentiert ist das im „Ibiza-Video“. Die Konsequenzen sind bekannt: Strache musste wegen dieser und anderer Äußerungen zurücktreten. Darüber hinaus tut sich auf politischer Ebene wenig bis gar nichts. SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt haben sich zwar darauf verständigt, ihre gemeinsame Mehrheit auf parlamentarischer Ebene dafür zu nützen, die Regelungen zur Parteienfinanzierung zu verschärfen; eine entscheidende Maßnahme bleiben sie aber schuldig.

„Was wir in dem Video gesehen haben, verschachtelte, verdunkelte Finanzierung der Parteien, wird weiterhin bestehen bleiben“, schäumt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Bestätigt wird das von einem ausgewiesenen Experten für Parteienfinanzierung: „Was vorliegt, ist keine Antwort auf die Problematik, die in dem Ibiza-Video deutlich geworden ist“, erklärt der Politikwissenschaftler Hubert Sickinger.  SPÖ, FPÖ und die Liste Jetzt wollen dafür sorgen, dass Zuwendungen an Parteien begrenzt werden. Und zwar doppelt: Pro Spender und Jahr sollen maximal 7500 Euro erlaubt sein. Und in Summe soll keine Partei mehr als 750.000 Euro einnehmen dürfen. Darüber hinaus müssen Spenden ab 2500 Euro unverzüglich veröffentlicht werden. Sickinger meint, dass das wirkungslos bleiben könnte: „Umgehungen werden sich höchstwahrscheinlich verstärken.“ Wie sie ausschauen könnten, hat Strache ja geschildert.

Der große Schwachpunkt an den Änderungsplänen von SPÖ, FPÖ und der Liste Jetzt ist, dass die Kontrollbestimmungen unverändert bleiben. Sie sind zahnlos, wie Rechnungshofpräsidenten seit Jahren betonen: Der Rechnungshof ist zwar eine zentrale Instanz in Sachen Parteienfinanzierung, Parteien unter die Lupe nehmen darf er jedoch nicht. Wenn er einen Verdacht hat, kann er allenfalls einen Wirtschaftsprüfer beauftragen, der Sache nachzugehen. „Das ist so, als würde man die Polizei nach einem Verbrechen nicht zum Tatort lassen, sondern ihr nur erlauben, einen Privatdetektiv zu rufen“, analysiert Ex-Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler.

Das ist so, als würde man die Polizei nach einem Verbrechen nicht zum Tatort lassen.

Ex-Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner rechtfertigte die Vorgehensweise gestern damit, dass es im Hinblick auf die Nationalratswahl im September wichtig sei, eine schnelle Lösung zu fixieren. In Wirklichkeit ist diese nicht so sehr gegen Straches Ausführungen, sondern vielmehr gegen ÖVP und Neos gerichtet: Zumindest im Wahljahr 2017 sind sie um 3,7 Millionen Euro (ÖVP) bzw. 550.000 Euro (Neos) über der nunmehrigen Spendenobergrenze gelegen, wie die APA berechnet hat. Und was sagt ÖVP-Obmann Sebastian Kurz? Er fordert eine Stärkung der Rechnungshofkontrolle sowie eine Kürzung der Parteienförderung. Das würde alle treffen. Eine parlamentarische Mehrheit dafür ist jedoch nicht in Sicht.