Parteikassen im Osten transparenter als in Österreich

In Georgien und der Slowakei ist Parteienfinanzierung viel transparenter als in Österreich.
WIEN Wenig überrascht über die Parteienfinanzierungsaffäre zeigt sich Mathias Huter vom „Forum Informationsfreiheit“: Die Transparenz sei unterentwickelt. „Wir wissen nicht, was wir alles nicht wissen“, sagt er. In Georgien und der Slowakei sei das ganz anders. Dort müssten Parteien jeden Cent offenlegen.
Die Ibiza-Affäre hat sich zu einer Parteienfinanzierungsaffäre ausgeweitet, die alle Großparteien inkludiert. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft überprüft FPÖ-, ÖVP- und SPÖ-nahe Vereine, der Rechnungshof hat ÖVP und SPÖ beim Parteiensenat angezeigt. Überrascht Sie diese Entwicklung?
Mathias Huter Na ja, bei den Parteifinanzen gibt es sehr wenig Offenlegungspflichten und auch kaum effektive Kontrolle. Daher wissen wir nicht, was wir alles nicht wissen. Auch Strafen fehlen. Wenn eine Partei in Deutschland ihre Vermögensstände nicht korrekt angibt, droht Verantwortlichen im Extremfall eine Freiheitsstrafe. Bei uns nicht.
Was verstehen Sie unter Transparenz? Parteien müssen ja schon Rechenschaftsberichte vorlegen.
In den Rechenschaftsberichten sind nur Summen zusammengefasst. Daraus ergeben sich eher mehr Fragen als Antworten. Transparenz würde bedeuten, dass die Öffentlichkeit nachvollziehen kann, woher Gelder kommen und wohin sie gehen. Das wäre ohne größere Bürokratie umsetzbar: In der Slowakei müssen Wahlkämpfe über gläserne Konten abgewickelt werden, über die alle Einnahmen und Ausgaben gehen müssen. Und natürlich ist auch Kontrolle wichtig …
… wobei SPÖ und FPÖ den Rechnungshof ablehnen. Wäre er geeignet dafür?
Der Rechnungshof wäre die logische Institution dafür. Er hat das grundsätzliche Mandat und auch die Leute, die das machen können.
Gläserne Parteikassen sind das eine. Es gibt jedoch den Graubereich mit den Vereinen, über die sehr viel läuft.
Das Problem kann man lösen, indem man sagt, dass sich alle Vereine, die aktiv im Wahlkampf mitmischen, Transparenz- und Kontrollpflichten unterwerfen müssen. Dazu wäre ein klares Regelwerk nötig. Aber bisher hat es nicht einmal eine Diskussion darüber gegeben. Wichtig wäre zudem ein Straftatbestand der illegalen Parteienfinanzierung. Die Staatsanwaltschaft muss im Verdachtsfall ermitteln können. Derzeit ist ihr das nur sehr begrenzt möglich; nämlich nur, wenn der Verdacht der Untreue besteht.
Warum stehen eigentlich die Kleinparteien nie in der Kritik? Schaut man bei ihnen nicht hin oder sind sie vorbildlicher?
Neos und Grüne haben einen deutlich offeneren und transparenteren Umgang mit ihren Finanzen. Aber im Unterschied zu ÖVP, SPÖ und FPÖ haben sie natürlich auch nicht die historisch gewachsenen Vereinskonstruktionen und Vorfeldorganisationen. Damit fallen viele Problemstellungen weg.
Sie waren ein paar Jahre in Georgien: Warum zählt dieses Land heute zu den transparentesten Ländern überhaupt?
In Georgien hat strukturelle Korruption den Staat von innen heraus zerstört. Vor allem auch durch Transparenz ist dem ein Ende gesetzt worden. Parteien müssen jeden Cent offenlegen. Es gibt im Übrigen ein Informationsfreiheitsgesetz, wie es im Hinblick auf das Ibiza-Video gerade auch in Österreich gefragt wäre: Staatliche Auftragsvergaben sind öffentlich einsehbar, Verträge, bezahlte Beträge und vieles andere mehr, inklusive.
Davon sind wir weit entfernt .
Ja, der politische Wille dazu ist erstaunlich gering.