Noch kein Okay aus Brüssel zum Glyphosatverbot

Bei der Kommission ist noch kein Entwurf zum Notifizierungsverfahren aus Österreich eingelangt.
Wien, Brüssel Ein kurzer Satz mit großer Wirkung. Am 2. Juli 2019 beschloss der österreichische Nationalrat folgende Änderung im Pflanzenschutzgesetz: „Das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ist im Sinne des Vorsorgeprinzips verboten.“ Am 1. Jänner 2020 soll das allgemeine Glyphosatverbot in Österreich in Kraft treten. Ob es europarechtlich hält, ist jedoch fraglich. Ein entsprechendes Verfahren muss noch vor dem Jahreswechsel Klarheit bringen.
Genehmigungen für einzelne Wirkstoffe werden auf EU-Ebene erteilt. Die Kommission hat im Jahr 2017 Glyphosat für weitere fünf Jahre erlaubt, nachdem sich die Mehrheit der Mitgliedsstaaten dafür ausgesprochen hat. Dass es nun in Österreich dennoch verboten wird, halten Europarechtler wie Werner Schroeder von der Universität Innsbruck für problematisch (die VN berichteten). Anders sieht es bei den einzelnen Produkten aus. Die Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln obliegt den Mitgliedsstaaten.
Auf diesen Punkt verweist auch der zuständige EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis in einer Stellungnahme an den österreichischen EU-Abgeordneten Alexander Bernhuber (ÖVP). Andriukaitis betont, dass Glyphosat ohne Sicherheitsbedenken angewendet werden könne, wenn alle Vorschriften eingehalten würden. Das habe eine wissenschaftliche Bewertung ergeben. Deshalb habe man es um fünf Jahre verlängert. Mitgliedsstaaten könnten jedoch Maßnahmen ergreifen, um weniger risikoreichen Pflanzenschutzmitteln den Vorzug zu geben. Allerdings „in nicht diskriminierender Weise“, schreibt Andriukaitis. Bestimmte Pflanzenschutzmittel dürften zudem für private Verwender eingeschränkt werden. Bisher sei jedenfalls kein Entwurf zur Notifizierung eingelangt.
Ein Notifizierungsverfahren ist dann nötig, wenn Gesetze eines Mitgliedsstaates EU-Recht betreffen. Der Mitgliedsstaat schickt einen Entwurf nach Brüssel, worauf die Kommission drei Monate Zeit hat, sich zu äußern. „Dieser Schritt soll sicherstellen, dass sowohl die Kommission als auch die anderen Mitgliedsstaaten rechtzeitig Stellung nehmen können“, erläutert Hatto Käfer von der Vertretung der Kommission in Österreich. Gibt die Kommission innerhalb dieser Frist ihr Okay oder verstreicht die Zeit ohne Stellungnahme, steht dem Gesetz nichts mehr im Weg. Um die Dreimonatsfrist einhalten zu können, sollte der Gesetzesentwurf also noch im September in Brüssel landen. Formell ist das Wirtschaftsministerium zuständig, inhaltlich die zuständige Stelle.
Ist für das Pflanzenschutzgesetz das Landwirtschaftsministerium zuständig? „Nein“, antwortet eine Ressortsprecherin auf VN-Anfrage. Für Notifizierungsverfahren sei das Wirtschaftsministerium verantwortlich. Dort wiederum heißt es, das sei zwar korrekt, allerdings nur formell. Das Ministerium sammle die Verfahren, prüfe sie auf Vollständigkeit und darauf, dass sie juristisch korrekt formuliert sind, und schickt sie weiter.
Inhaltlich ist in diesem Fall kein Ministerium zuständig, sondern das Parlament selbst. Das Gesetz entstammt dem freien Spiel der Kräfte. Was das bedeutet, ist seit Dienstag geklärt, wie Parlamentssprecher Karl-Heinz Grundböck auf VN-Anfrage bestätigt: „Die Direktion wird in Abstimmung mit den Parlamentsparteien einen Entwurf für das Notifizierungsverfahren aufsetzen.“ Aus dem Parlament heißt es, dass zuvor darüber diskutiert worden sei, ob die Liste Jetzt oder die SPÖ dafür verantwortlich seien, da sie die Anträge zum Verbot eingebracht haben. Grundböck geht davon aus, dass der Entwurf im September steht.
Die Vorarlberger Landesregierung ist einen anderen Weg gegangen und der Argumentation von EU-Kommissar Andriukaitis gefolgt. Demnach werden bestimmte Pflanzenschutzmittel nur für private Anwender verboten (die VN berichteten). Das österreichische Totalverbot hingegen würde für alle gelten, auch für die Landwirtschaft.
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