Britische Regierung lässt Gesetz gegen No-Deal-Brexit zu

Politik / 05.09.2019 • 09:17 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
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Die Regierung unter Boris Johnson hat sich bereit erklärt, das umstrittene Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit im Oberhaus nicht zu blockieren.

London Die britische Regierung hat ihren Widerstand gegen ein Gesetz aufgegeben, das einen ungeregelten Brexit verhindern soll. Das berichtete die britische Nachrichtenagentur PA Donnerstagfrüh. Demnach einigte sich die Regierung mit der Opposition, den Gesetzesentwurf im Oberhaus nicht länger durch Verfahrenstricks aufzuhalten.

Das Gesetz scheint damit so gut wie sicher rechtzeitig vor dem Beginn der Zwangspause des Parlaments nächste Woche in Kraft treten zu können. Der Gesetzentwurf hatte am Mittwoch gegen den Willen von Premierminister Boris Johnson alle drei Lesungen im Unterhaus passiert. Er sieht vor, dass der Premierminister einen Antrag auf eine dreimonatige Verlängerung der am 31. Oktober auslaufenden Brexit-Frist stellen muss, sollte bis zum 19. Oktober kein EU-Austrittsabkommen ratifiziert sein.

Das Gesetz soll dem Bericht zufolge nun bis Freitagabend das Verfahren im Oberhaus durchlaufen. Dort hatten Brexit-Hardliner zunächst versucht, mit einer Flut von Anträgen und Dauerreden das Gesetz zu stoppen.

Sinneswandel

Was den Sinneswandel bei der Regierung ausgelöst hat, war zunächst unklar. Die Regierung ist aber auf die Unterstützung der Opposition zum Ausrufen einer Neuwahl angewiesen. Ein Antrag Johnsons für einen Wahltermin am 15. Oktober war im Unterhaus gescheitert. Labour-Chef Jeremy Corbyn hatte als Bedingung genannt, dass vorher das Gesetz gegen den No Deal in Kraft treten muss. Mit Spannung wird erwartet, ob die Regierung am Montag einen weiteren Versuch unternehmen wird, die notwendige Zweidrittelmehrheit für ihre Neuwahlpläne zu bekommen.

Unterdessen stellte die Regierung Regeln für künftige Einwanderer aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) nach einem möglichen vertragslosen Brexit vor. Bürger aus EU-Staaten, den EWR-Mitgliedsstaaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie der Schweiz können dann eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis beantragen, wie das britische Innenministerium mitteilte. Die Regel soll vom Zeitpunkt eines möglichen ungeregelten Brexit bis zum Ende des Jahres 2020 gelten.

Bürger aus den betreffenden Staaten und deren nahe Angehörige können die Anträge den Angaben zufolge übers Internet stellen. Anschließend werde die Identität der Antragsteller überprüft, auch eine Sicherheitsüberprüfung solle stattfinden. Die neuen Vorschriften sollen für Menschen gelten, die längere Zeit in Großbritannien leben und arbeiten wollen. Kurzaufenthalte fallen demnach nicht unter die Neuregelung.

Mit den Plänen verfolgt das britische Innenministerium nach eigenen Angaben zwei Ziele. Zum einen soll die Einwanderung von Fachkräften sichergestellt werden. Zum anderen wolle die Regierung die “Kontrolle über unsere Grenzen zurückgewinnen”, sagte Innenministerin Priti Patel. Mittelfristig plant die Regierung nach eigenen Angaben die Einführung eines Punktesystems für Einwanderer.