Türkei bombardiert Nordosten Syriens

Politik / 09.10.2019 • 22:22 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Syrische Kurden protestieren gegen die Militäroffensive der Türkei. AfP
Syrische Kurden protestieren gegen die Militäroffensive der Türkei. AfP

Offensive gegen kurdische Kämpfer hat begonnen. Kampfjets beschießen die Grenzstadt Ras al-Ain. Tausende Milizionäre beteiligt.

Istanbul Die Türkei hat zusammen mit dem syrischen Militär ihre Offensive gegen kurdische Kämpfer im Nordosten Syriens begonnen. Das teilte Präsident Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch mit. Ein Sprecher der bislang von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte in Nordsyrien, Mustafa Bali, twitterte, türkische Kampfflugzeuge hätten mit Angriffen auf „zivile Gegenden“ vor Ort begonnen. Die Luftangriffe hätten „eine riesige Panik unter Menschen der Region“ verursacht.  Auch das türkische Fernsehen berichtete, dass türkische Flugzeuge syrisch-kurdische Stellungen jenseits der türkischen Grenze bombardiert hätten. Laut der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana wurde die Stadt Ras al-Ajn getroffen. Erdogan schrieb, der Militäreinsatz habe das Ziel, die „Bedrohung durch Terror“ gegen die Türkei auszulöschen. An der Offensive beteiligen sich laut türkischem Militär auch tausende syrische Milizionäre, alleine bei der ersten Phase sollen es 18.000 Kämpfer sein. Ziel ist die kurdische YPG-Miliz, die auf syrischer Seite der Grenze ein großes Gebiet kontrolliert. Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und begreift die Angehörigen der Miliz als Terroristen.

Kurden machen mobil

Die syrischen Kurden hatten vor dem Angriff eine Generalmobilmachung ihrer Truppen verkündet. Angesichts der zunehmenden Drohungen der Türkei und ihrer syrischen „Söldner“ seien alle aufgerufen, sich an die Grenze zu begeben, um in diesen „kritischen historischen Momenten“ Widerstand zu leisten, hieß es in einer Erklärung am Mittwoch. Kurden weltweit wurden aufgefordert, gegen die Offensive zu demonstrieren.

Die von der YPG angeführten Syrisch-Demokratischen Kräfte (SDF) waren im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) lange ein enger Verbündeter der USA. Ihre Truppen gingen in Syrien am Boden gegen die Extremisten vor und konnten dabei wichtige Gebiete im Norden und Osten Syriens einnehmen.

USA nimmt sich aus dem Spiel

Der Einmarsch der Türkei folgte auf widerstreitende Signale aus den USA. Sie hatten am Montag im Morgengrauen zunächst ihre Truppen aus der Grenzregion abgezogen. In einer überraschenden Erklärung aus dem Weißen Haus signalisierten sie, dass sie sich einer Offensive nicht mehr in den Weg stellen wollten. US-Präsident Donald Trump hat das Vorgehen verteidigt: „In den Nahen Osten zu gehen, ist die schlimmste Entscheidung, die jemals in der Geschichte unseres Landes getroffen wurde!“

Auf die Entscheidung Trumps, dass sich die US-Truppen zurückziehen sollen, kam sogar von den treusten republikanischen Verbündeten des US-Präsidenten scharfe Kritik. Daraufhin ruderte Trump auf eigene Art zurück. Er drohte der Türkei, die türkische Wirtschaft zu zerstören, sollte das Ausmaß des Militäreinsatzes zu weit gehen.

Die Türkei will die Kurdenmilizen aus der Grenzregion vertreiben und dort in einer sogenannten „Sicherheitszone“ syrische Flüchtlinge ansiedeln, die derzeit in der Türkei und Europa leben. Die Türkei hat seit Beginn des Bürgerkrieges im Nachbarland Syrien rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen.

EU fordert Ende des Einsatzes

Die syrisch-kurdischen Kämpfer im Norden Syriens baten unterdessen Russland um die Vermittlung von Gesprächen mit der syrischen Regierung. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat Erdogan aufgefordert, den Militär­einsatz sofort zu beenden. Sollte die Türkei tatsächlich eine „Sicherheitszone“ errichten, droht er mit finanziellen Folgen.

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