Parteienförderung über Umwege

Dass manche Abgeordnete Parteisteuern zahlen müssen, sei moralisch nicht zu rechtfertigen, sagt ein Experte.
Wien Was machen eigentlich Nationalratsabgeordnete? Sie nehmen an Sitzungen teil, sie beschäftigen sich mit Gesetzen, bringen diese ein und beschließen sie auch. Zentral ist ihre Kontrollfunktion. Denn Mandatare kontrollieren die Regierung. Im Idealfall halten sie engen Kontakt zu ihrem eigenen Wahlkreis. Und, je nach Parteizugehörigkeit, finanzieren die Abgeordneten ihre Partei dazu auch noch mit.
Die Vorarlberger ÖVP hat 2017 zum Beispiel bei allen ihren Mandataren und Funktionären über 153.000 Euro einkassiert. Rund 5300 Euro davon steuerte der Nationalratsabgeordnete Norbert Sieber bei. Er zahlt der Landespartei fünf Prozent seines Gehalts. Zusätzlich überweist er drei Prozent an den ÖVP-Parlamentsklub sowie jeweils zwei Prozent an Bauernbund und Gemeindeorganisation. Allein heuer wird er Ende des Jahres knapp 12.900 Euro an die Partei überwiesen haben.
Ähnlich geht es Reinhold Einwallner (SPÖ) und Reinhard Bösch (FPÖ). Nur die Neos gestehen ihren Abgeordneten das volle Bruttogehalt von monatlich 8931 Euro zu. Die Grünen verrechneten den Mandataren früher einen Beitrag für einen Bürgerinitiativenfonds. Ob die neuen Abgeordneten wieder zahlen müssen, werde erst entschieden. Der Klub befinde sich in der Aufbauphase, erklärt Neo-Mandatarin Nina Tomaselli (Grüne).
Das Gehalt der Abgeordneten wird mit öffentlichem Geld bezahlt. So soll gesichert sein, dass sie ihr Mandat frei ausüben, ohne an Aufträge gebunden zu sein. Dass viele von ihnen Parteisteuer zahlen, stammt aus Zeiten, in denen es noch kaum oder keine öffentliche Finanzierung für Parteien gab, erklärt Parteieinfinanzierungsexperte Hubert Sickinger. Diese Zeiten sind aber längst vorbei. Seit Mitte der 80er-Jahre erhalten die Parteien eine recht generöse Unterstützung des Staates, hält Sickinger fest. Die Parteien bekommen Parteienförderung, Parteiakademieförderung und auch Klubförderung. Dazu ein paar Zahlen: Die Klubförderung betrug laut Parlamentsdirektion im Jahr 2018 knapp sechs Millionen Euro für die ÖVP, nicht ganz 5,5 Millionen für die SPÖ, 5,2 für die FPÖ und 2,5 Millionen für die Neos. Die Parteienförderungen beziffert das Bundeskanzleramt für die Volkspartei mit 9,7 Millionen Euro. Die ÖVP war damit Spitzenreiter, gefolgt von der SPÖ (8,3), der FPÖ (8,05) und den Neos (1,8). Für die Parteiakademien gab es insgesamt 10,5 Millionen Euro, unter anderem 2,88 Millionen für die ÖVP, 2,6 Millionen für die Sozialdemokraten und 2,5 Millionen für die Freiheitlichen.

Zusätzlich dazu lukrieren die drei Mittelparteien noch Geld über die Parteisteuer. Laut Rechenschaftsbericht 2017 bekam die Bundes-ÖVP über diesen Weg zwar nichts, die Vorarlberger Landespartei nahm hingegen über 153.000 Euro ein. Die Sozialdemokraten verbuchten 2017 im Bund rund 144.000 Euro, im Land 47.145 Euro. Die FPÖ verzeichnete fast 400.000 Euro an Einnahmen durch die Parteisteuer, die Landespartei fast 79.500 Euro. Die Grünen hoben 2017 auf Bundesebene 110.600 Euro ein, die Landesgrünen nichts. Die Neos-Abgeordneten leben parteisteuerfrei.
Doppelt problematisch
Parteienfinanzierungsexperte Sickinger rät, die Abgabe abzuschaffen. „An sich ist eine Parteisteuer nur bei solchen Parteien moralisch gerechtfertigt, die der Meinung sind, dass Politiker zu viel verdienen. Aber das tut aktuell keine Partei mehr.“ Nur die KPÖ in der Steiermark schöpfe alles ab, was ein Facharbeitergehalt übersteige und investiere das in den Wohnbereich.
Warum die Parteisteuer sonst problematisch ist? Sickinger nennt zwei Punkte. Die Abgabe stelle zum einen eine indirekte staatliche Parteienfinanzierung dar. Eigentlich werde sie ja von der öffentlichen Hand bezahlt, da die Mandatare die Abgabe von ihrem Abgeordnetengehalt abführen. Zum anderen ist die Parteisteuer für die Mandatare steuerlich absetzbar, was wiederum auf Kosten der Steuerzahler geht. Sickinger hat für diesen Zustand nur wenige Worte übrig: „Das ist eine doppelte Verschleierung.“