Bilanz des Schreckens

Politik / 27.10.2019 • 22:28 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Nach jetzt tausend Tagen im Amt redet nahezu alle Welt über die parlamentarischen Untersuchungen zur Amtsenthebung von US-Präsident Donald Trump. Es geht um Korruption, Betrug und Rechtsbeugungen. Da wird aufgedröselt, dass und wie er gegen Verfassungsvorschriften verstieß und in tausend Tagen nachweislich 14.360 Mal dreist gelogen hat.

So gut wie nicht geredet wird aber über andere düstere Seiten seiner bisherigen Herrschaft: Über seine Bemühungen zur Etablierung einer über allen Gesetzen stehenden „Ich bin der Staat“-Alleinherrschaft mit dem Ignorieren des Parlaments. Versandet ist auch die Diskussion über ihm zur Last gelegte Vergehen – von sexuellen Übergriffen bis hin zur Vergewaltigung. Von der breiten US- und Weltöffentlichkeit negiert werden zudem von ihm propagierte obskure Verschwörungstheorien und sein oratorisches Befeuern von Rassismus und Gewalttaten gegen Andersdenkende.

In die ungeschriebene Zwischenbilanz von Trumps Herrschaft gehören aber vor allem die Folgen seiner erratischen Politik für die Menschen in den USA und im „Rest der Welt“:

Trumps „America first“-Handelspolitik mit Strafzöllen verlangsamte weltweit das Wirtschaftswachstum und löste auf allen Erdteilen millionenfach Einkommens- und Arbeitsplatzverluste aus. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe in den USA gingen in Konkurs. Streichungen bei US-Sozialausgaben bei gleichzeitigen Erhöhungen der Verteidigungsausgaben lösten eine Rekord-Staatsverschuldung und einen signifikanten Anstieg der Armuts- und Obdachlosenzahlen aus. Die Kürzungen und die Aufhebung von Umweltvorschriften wie etwa bei der Giftbelastung des Trinkwassers tragen nach Ansicht renommierter US-Wissenschaftler zu einer Verringerung der durchschnittlichen Lebenserwartung bei.

Trumps Anti-Asylbewerber-Politik mit Trennung von Flüchtlingsfamilien führte wegen unzureichender Betreuung inhaftierter kranker Kinder bereits zu zwölf Todesfällen. Der von Trump angeordnete Rückzug von US-Truppen ermunterte die Türkei zu einer völkerrechtswidrigen Invasion, bei der die Soldaten zahlreiche von Beobachtern registrierte Kriegsverbrechen begingen und Zivilisten, unter ihnen etliche Kinder, ermordeten. 300.000 Menschen wurden obdachlos und sind auf der Flucht. Trump behauptet stolz und ungerührt, mit seiner „Friedenspolitik viele Menschenleben gerettet“ zu haben.

Das ist die vielleicht perfideste Lüge des US-Präsidenten. Sie gehört zu der erschreckenden Bilanz seiner bisherigen Amtszeit. Darüber sollten die US-Parlamentarier und die US-Wähler reden und zum Schluss kommen: „Trump? Nie wieder!“ Und wie entscheiden sich künftig Politiker im Rest der Welt? Nichts hören, nichts sehen und nichts sagen?

„Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe in den USA gingen in Konkurs.“

Peter W. Schroeder

berichtet aus Washington, redaktion@vn.at

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.