Doppelstaatsbürgerschaft bleibt Thema

Politik / 29.10.2019 • 22:34 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Idee einer Doppelstaatsbürgerschaft für deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler wurde von der früheren ÖVP-FPÖ-Koalition vorangetrieben. APA
Die Idee einer Doppelstaatsbürgerschaft für deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler wurde von der früheren ÖVP-FPÖ-Koalition vorangetrieben. APA

Mehrheit der Südtiroler will aber vom Vorhaben der früheren Regierung nichts wissen.

wien, bozen Die Forderung nach einer Doppelstaatsbürgerschaft für deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler war ein umstrittenes, aber insbesondere für die FPÖ wichtiges Vorhaben aus dem Regierungsprogramm der früheren türkis-blauen Koalition. Doch dann kam das vorzeitige Ende der Koalition. Nun bleibt unklar, wie es mit der Doppelstaatsbürgerschaft weitergeht.

Eine Initiative macht nun weiter Druck. In einem Brief an Österreichs Innenminister Wolfgang Peschorn und Außenminister Alexander Schallenberg ersuchen die Beteiligten um ein Treffen, um das weitere Vorgehen bei der Umsetzung der Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu besprechen. Darüber berichtete die „Tiroler Tageszeitung“ am Dienstag. Zu den Unterstützern der Initiative „Österreichische Staatsbürgerschaft für Südtiroler“ zählen 51 Vertreter aus der Politik, Wirtschaft, Gewerkschaft, Traditionsverbänden und der Kirche, sowie Südtirols Landtagspräsident Sepp Noggler (SVP) und SVP-Parteiobmann Philipp Achammer. Elf der 15 Mandatare der Südtiroler Volkspartei im Landtag sprächen sich dafür aus, heißt es in dem Bericht. Von Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) werde das Vorgehen nicht unterstützt; auch Tirols Landeschef Günther Platter (ÖVP) sei nicht eingeweiht. „Schon seit Monaten schwelt in der SVP ein Machtkampf, dieser dürfte wegen der Doppelstaatsbürgerschaft jetzt offen ausgebrochen sein“, schreibt die „TT.“

Die Initiatoren berufen sich auf einen Entschließungsantrag von ÖVP und FPÖ. Sie verlangen in ihrem Brief, dass Peschorn und Schallenberg zunächst Gespräche mit ihren italienischen Ministerkollegen und Vertretern Südtirols suchen. Ziel soll ein Vorschlag für eine Doppelstaatsbürgerschaft sein, der einvernehmlich mit Südtirol abgeklärt werden müsse. Dann könne Italien über die konkreten Maßnahmen informiert werden.

Die Initiative kann nicht auf allzu großen Rückhalt in der Bevölkerung zählen. Wie eine Studie der Michael-Gaismair-Gesellschaft aufzeigt, halten 63 Prozent der Südtiroler die Doppelstaatsbürgerschaft für problematisch oder lehnen sie völlig ab. „Diese Ergebnisse waren für uns sehr überraschend“, sagt der Politologe Günther Pallaver von der Universität Innsbruck zu den VN. „Interessant ist insbesondere, dass die Skepsis damit zusammenhängt, dass das Zusammenleben von vielen als wichtiger eingestuft wird als eine Doppelstaatsbürgerschaft.“ Dabei gebe es kaum Unterschiede zwischen den Sprachgruppen. Mit 71 Prozent sieht die italienische Sprachgruppe das Vorhaben zwar besonders kritisch. Allerdings überwiegt auch in der deutschsprachigen Bevölkerung mit 62 Prozent eine negative Einschätzung. Nur ein Viertel der Menschen hält die Doppelstaatsbürgerschaft für eine gute oder sehr gute Idee (20 bzw. fünf Prozent), unter den deutschsprachigen Südtirolern sind es 22 bzw. sechs Prozent. Die repräsentative Befragung wurde im Frühjahr vom Institut für Sozialforschung und Demoskopie apollis in Bozen durchgeführt. VN-RAM

„Das Zusammenleben wird von vielen als wichtiger eingestuft als ein zweiter Pass.“