Warum die Türkei nun ausländische IS-Kämpfer abschiebt

Rückführungen in europäische Länder geplant. Österreicher laut Außenministerium nicht dabei.
ankara Nach ersten Ankündigungen in der Vorwoche macht die Türkei ernst: Gefangengenommene ausländische Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) müssen das Land verlassen. Darunter sind deutsche und französische Staatsbürger. Österreicher sind nach Angaben von Außenminister Alexander Schallenberg nicht dabei. Mehrere europäische Länder haben es bislang abgelehnt, ihre Bürger zurückzunehmen.
Mehrere deutsche Bürger
Das deutsche Außenamt bestätigte, dass am Montag ein Staatsbürger, am Donnerstag sieben und am Freitag zwei weitere mutmaßliche IS-Mitglieder aus der Türkei ausgewiesen werden sollen. Außenminister Heiko Maas forderte von Ankara weitere Informationen über die Betroffenen. Sollten sie einen “Bezug zu IS-Kampfhandlungen” aufweisen, werde man dafür sorgen, dass sie sich vor deutschen Gerichten verantworten müssen. Nach Angaben des türkischen Innenministeriums wurden bereits ein US-Amerikaner und ein Däne abgeschoben. Außerdem sei die Rückführung von elf mutmaßlichen IS-Mitgliedern aus Frankreich und zwei Iren geplant. Im Zuge des türkischen Militäreinsatzes gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordostsyrien waren mehrere IS-Kämpfer aus kurdischer Gefangenschaft geflohen. Die Türkei konnte einige wieder festnehmen. Laut Präsident Recep Tayyip Erdogan sitzen über 1000 IS-Anhänger in türkischen Gefängnissen, darunter 737 ausländische Staatsbürger.
Jene Lager in Syrien, in denen sich österreichische Staatsbürger aufhalten, seien nicht Teil des türkischen Operationsgebietes, sagte Außenminister Schallenberg. “Solche türkischen Drohungen im Zusammenhang mit einer Militäraktion, die wir schon per se ablehnen und für falsch halten, sind, glaube ich, nicht der richtige Weg.” Dem Außenministerium liegen Informationen über drei österreichische IS-Gefangene in nordsyrischen Lagern vor.
Solche Drohungen sind, glaube ich, nicht der richtige Weg.
Alexander Schallenberg, Außenminister
Der Politologe Hüseyin Cicek nennt zwei wesentliche Gründe für die Pläne der türkischen Regierung: Einerseits handle es um eine Reaktion auf die europäische Kritik an der Militäroperation in Syrien. “Mit dem Schritt weist die Türkei darauf hin, dass viele Dschihadisten aus Europa in Syrien gekämpft haben und stellt die betroffenen Länder vor vollendete Tatsachen.” Das habe auch mit politischer Eitelkeit zu tun. Zum anderen verweist Cicek auf die “Machtpolitik, die Erdogan aufgrund seiner Allianz mit Russland durchsetzen kann”. Moskau und Ankara hatten sich darauf verständigt, das Grenzgebiet nach dem Abzug der Kurden gemeinsam zu kontrollieren. Die neue Situation biete eine gute Option, um die Dschihadisten rasch loszuwerden, meint der Experte. Mit dem Segen aus Russland müsse man nicht mehr auf die Vorbehalte aus Europa hören
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