Freispruch 3,5 Jahre nach der Stichwahl rechtskräftig

Politik / 29.11.2019 • 21:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Bundespräsidentenstichwahl musste wiederholt werden. In Bregenz wurden die Briefwahlüberkuverts der Wahlkarten um eine Stunde zu früh geschlitzt. Das führte zur Anklage und jetzt zum rechtskräftigen Freispruch. APA
Die Bundespräsidentenstichwahl musste wiederholt werden. In Bregenz wurden die Briefwahlüberkuverts der Wahlkarten um eine Stunde zu früh geschlitzt. Das führte zur Anklage und jetzt zum rechtskräftigen Freispruch. APA

Die Folgen der Bundespräsidentenwahl: Kritik an Ermittlungsdauer und Umgang mit Angeklagten.

Wien, Bregenz Nach der Bundespräsidentenwahl im Jahr 2016 hat die Gewissheit lange auf sich warten lassen. Jetzt ist der Freispruch gegen den stellvertretenden Wahlleiter und einen weiteren Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Bregenz rechtskräftig. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat ihre Berufung zurückgezogen. In der entsprechenden Weisung der Oberstaatsanwaltschaft, die den VN vorliegt, heißt es, die Beweiswürdigung des Erstgerichts sei nachvollziehbar. Sie zu bekämpfen, sei daher nicht erfolgsversprechend.

Schlitzen ab neun Uhr erlaubt

Rückblick: Anfang Juli 2016 entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH), die Stichwahl zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer aufzuheben. Das Verfahren hatte ergeben, dass in 14 Wahlbezirken gegen verfassungsrechtliche Grundsätze und Bestimmungen des Bundespräsidentenwahlgesetzes verstoßen worden sei: „Zweck dieser Bestimmungen ist es, Manipulationen und Missbräuche im Wahlverfahren auszuschließen“, erklärte das Höchstgericht. In Folge des VfGH-Erkenntnis ermittelte die Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen zahlreiche Mitglieder der Wahlbehörden. Betroffen waren auch zwölf Personen in Bregenz. Zwei von ihnen wurden angeklagt: der stellvertretende Wahlleiter und ein weiterer Mitarbeiter der BH Bregenz.

Letzterem wurde Amtsanmaßung vorgeworfen, da er bei der Briefwahlauszählung etwa 1500 der 9523 Überumschläge der Wahlkarten vorzeitig aufschlitzen ließ. Per Gesetz ist das ab neun Uhr erlaubt. Begonnen wurde aber eine Stunde früher. Der stellvertretende Wahlleiter hatte später ein Protokoll unterzeichnet, wonach erst um neun Uhr mit dem Schlitzen begonnen worden sei. Die Staatsanwälte beschuldigten ihn daher der falschen Beurkundung.

Richter Martin Mitteregger sah dies gänzlich anders. Er sprach die Angeklagten frei. Seit Rückzug der Berufung ist sein Urteil rechtskräftig. Darin spart der Richter nicht mit Kritik. So sei „die wortgetreue Erfüllung der gesetzlichen Bestimmung in der damals geltenden Fassung schlicht und ergreifend undurchführbar“ gewesen. Der Gesetzgeber und das zuständige Ministerium hätten die engagierten, fleißigen und gewissenhaften Angeklagten außerdem im Regen stehen lassen und dann wegen einer pragmatischen Handhabung der Vorschriften angeklagt. „Diese Vorgehensweise ist nur sehr schwer zu verstehen“, heißt es im Urteil weiter. Die Angeklagten seien daher freizusprechen.

Ihr Rechtsanwalt Philipp Längle ist nicht überrascht. Er hatte mit dem Freispruch gerechnet. Kritik übt Längle am langen Ermittlungsverfahren. Der Sachverhalt sei im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs genau geschildert worden. Dennoch habe die Staatanwaltschaft drei Jahre gebraucht, um zu entschieden, ob Anklage erhoben wird. „In Wahrheit ist das grenzwertig.“ Zumindest herrscht für die Betroffenen nun aber kurz vor Weihnachten Gewissheit.

Schadenersatz offen

Abwarten muss nur noch der Bregenzer Bezirkshauptmann Elmar Zech. Gegen ihn lief ein zivilrechtliches Verfahren, welches die Richterin nach der ersten Verhandlung Mitte November geschlossen hat. Ihre Entscheidung steht aber noch aus. Die Republik hat Zech wegen der Stichwahlaufhebung auf Schadenersatz geklagt. 36.000 Euro soll er zahlen. Längle ist siegessicher, auch diese Klage werde im Sand verlaufen: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass hier nichts zu holen sein wird.“

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.