Wien Wer in die Welt von gestern eintauchen will, lese das „Epidemiegesetz 1950“. Bei der Lektüre fällt auf, dass es aus einer Zeit stammt, in der vieles noch ganz anders war. Der Gesetzestext sollte also auf die Höhe der Zeit gebracht werden.
Was eher eine Kleinigkeit ist, ist, dass in der geltenden Fassung einmal ein „Bundesminister für Gesundheit und Frauen“ angesprochen ist und ein anderes Mal der „für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister, Familien und Jugend“ (inklusive Beistrichfehler). Aber das ist fast schon lässlich, zumal sich die Zuständigkeiten ja mit jeder Regierungsbildung ändern.
Schon bei der Auflistung der Personen, die zur Anzeige verpflichtet sind, wird noch deutlicher, dass ein Update angesagt wäre. Da ist etwa vom „Leiter einer Anstalt“ die Rede. Oder von Inhabern von „Gast- und Schankgewerben“. Oder von den Vorstehern öffentlicher und privater Lehranstalten und Kindergärten“. Diese Begriffe sind entweder nicht mehr gebräuchlich oder unzureichend. Krippen fehlen etwa. Mittlerweile würde man daher von Kinderbetreuungseinrichtungen reden.
Das Epidemiegesetz ist sehr weitreichend: Er sieht Verkehrsbeschränkungen gegenüber dem „Auslande“ genauso vor wie für Bewohner bestimmter Ortschaften oder „Vorschriften in Bezug auf Verkehrsanstalten im Inlande“. Darunter werden „Eisenbahnen, Binnenschiff(f)ahrtsunternehmen, Flöße usw.“ angeführt. Im Gesetz enthalten ist auch die allenfalls nötige „Absonderung Kranker“, was man im 21. Jahrhundert wohl eher als „unter Quarantäne stellen“ bezeichnen würde.