Wie sich das Leben in Vorarlberg ändert

Schule zu, kein Grenzverkehr, nur im Notfall aus dem Haus: So wird der Alltag in der Coronakrise.
Wien Jetzt muss die Bundesregierung zu drastischen Maßnahmen greifen. „Wir stehen vor der größten Herausforderung in Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagt Kanzler Sebastian Kurz. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner ergänzt: „Was uns in den nächsten Tagen bevorsteht, ist etwas, das niemand im Land kennt.“ Vizekanzler Werner Kogler spricht von schwierigen Tagen, die auf uns zukommen. Die Zahl der Fälle würde gerade explodieren. Am Sonntag wurden österreichweit 860 mit Corona Infizierte registriert, 56 davon in Vorarlberg. Um die Ausbreitung einzudämmen und damit das Gesundheitssystem funktioniert, beschlossen das Parlament und die Landesregierung weitere Maßnahmen.
Ausgangsbeschränkung
Bewohner müssen in ihren Wohnungen bleiben, abgesehen von vier Ausnahmen: Wenn Lebensmittel besorgt werden, wenn anderen Menschen geholfen wird oder wenn man zur Arbeit muss. Wallner betont: „Die Bevölkerung kann grundsätzlich arbeiten gehen. Aber es wird empfohlen, einen Meter Abstand zu halten.“ Auch Spaziergänge bleiben gestattet, sofern sie allein oder mit Personen gemacht werden, die im eigenen Haushalt leben. Auch hier muss man Abstand halten.
Sperrzonen
Ab Dienstag müssen alle Restaurants schließen. Die Lebensmittelversorgung wird über Supermärkte und Lieferservices gewährleistet. Sportplätze, Spielplätze und andere öffentliche Plätze der Begegnung werden geschlossen. Veranstaltungen werden untersagt. An keinem Ort sollen sich mehr als fünf Menschen auf einmal treffen. Die einzige Ausnahmen sind Aktivitäten, die der Bekämpfung des Coronavirus dienen. Die Polizei wird das kontrollieren, sagt Wallner. „Es gilt auch die dringende Bitte, in Privaträumen das Verbot einzuhalten. Jede Art größeres Familienfest ist nicht angebracht“, fährt er fort.
Kontrollen und Strafen
Die neuen Vorgaben werden ab Montag von der Polizei kontrolliert. Ab heute, Montag, gelten Verwaltungsstrafen bei Zuwiderhandeln. Sollten sich Gruppen etwa der Aufforderung der Polizei widersetzen, sich aufzulösen, so drohen Strafen bis zu 2180 Euro. Werden Betretungsverbote missachtet und etwa Spielplätze besucht, könnten bis zu 3600 Euro fällig werden. Sportvereine, die weiterhin zu Trainingseinheiten zusammenkommen, müssen sich jahrelang von Förderungen verabschieden, erklärt Vizekanzler Kogler.
Landeshauptmann Wallner ergänzt: „Man wird nicht jeden kontrollieren können. Wir brauchen die Verantwortung der Bevölkerung.“ Man werde aber nicht sofort strafen. Landespolizeidirektor Hans-Peter Ludescher bittet um Verständnis: „Ich hoffe, dass diese Maßnahme nicht als Schikane verstanden wird.“ Das Erscheinungsbild auf den Straßen werde sich jedenfalls ändern. „Wir haben jetzt mehr Personal in den Dienststellen.“ Und damit auch auf der Straße und an den Grenzen.
Homeoffice
„Die Unternehmen wissen Bescheid und haben klare Aufträge der Bundesregierung bekommen, überall dort, wo es möglich ist, auf Teleworking umzustellen“, sagt Kanzler Kurz. Wallner appelliert an Unternehmen und Arbeitgeber, maximale Flexibilität zu zeigen. „Bitte bleiben Sie zu Hause, wann immer es möglich ist. Reden Sie mit Ihrem Arbeitgeber.“ Es wird vom Arbeitgeber verlangt, sicherzustellen, dass Arbeitnehmer mindestens einen Meter Abstand zueinander halten können.
Schulschließungen
Ab sofort sind alle Schulen – auch Volksschulen, AHS-Unterstufe, Mittelschulen und Sonderschulen – geschlossen. Für jene Kinder, deren Eltern in die Arbeit müssen, ist eine Betreuung gewährleistet.
Zivildiener
Der Dienst der aktuellen Zivildiener wird verlängert. Manche werden dorthin versetzt, wo sie dringend gebraucht werden, zum Beispiel vom Kindergarten in die Altenpflege, kündigt die zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger an. Außerdem werden einige Antrittstermine vorgezogen. Maturanten sind ausgenommen. Köstinger ruft ehemalige Zivildiener aus dem Rettungswesen, Krankentransport, Gesundheit, Pflege und Betreuung dazu auf, sich freiwillig zum Dienst zu melden. Sie erhalten eine Entschädigung, die sich an ihrem gegenwärtigen Einkommen bemisst.
Das Entgelt von Zivis, deren Dienst verlängert wird, steigt um 190 Euro pro Monat. Durch die Verlängerung des Zivildiensts rechnet Köstinger damit, 4500 Personen mobilisieren zu können. Dazu kämen die Freiwilligen. Reicht das nicht, kann die Ministerin Zivildiener aus den vergangenen fünf Jahren verpflichten. Das Mobilisierungspotenzial liegt bei 45.000 Männern.
Lebensmittelversorgung
Die Handelsketten rufen die Bevölkerung auf, Hamsterkäufe zu unterlassen. Es ist genug von allem da. Die Waren werden laufend nachgefüllt. Mittlerweile hilft das Bundesheer in den Lagern mit. Aushilfskräfte werden aber noch gebraucht.
Öffentlicher Verkehr
Die angekündigten Maßnahmen führen zu zahlreichen Änderungen im öffentlichen Verkehr über die Grenzen. Ab sofort wird der gesamte öffentliche Verkehr von Vorarlberg in die Schweiz und Liechtenstein eingestellt. Viele Linien fahren bis zur Grenze, der Grenzübertritt ist zu Fuß möglich. Die Verbindung nach Lech und Zürs erfolgt ausschließlich über Langen am Arlberg. Die Bevölkerung wird aufgerufen, den öffentlichen Verkehr nur in dringenden Fällen zu benutzen.
Birgit Entner-Gerhold, Michael Prock
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