Wohin können sich Betriebe wenden, Frau Wirtschaftsministerin?

Schramböck rät zur Kontaktaufnahme mit Sozialversicherung, „Händler helfen Händlern“, AMS, Hausbank und AWS.
Wien Was tun als Betrieb in der Krise? Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) zählt im VN-Gespräch die ersten wichtigen Schritte auf, die Unternehmerinnen und Unternehmer nun gehen sollten. Konkrete Kriterien für staatliche Hilfen gibt es noch nicht. Nur, dass es um bestehende Betriebe gehen soll, deren Geschäft gut gelaufen ist. Wie lange Einzelhandelsbetriebe geschlossen bleiben, kann sie nicht beantworten.
Es wird Unternehmenspleiten geben. Haben Sie eine Schätzung, wie viele?
Schätzungen sind aktuell nicht möglich und im Moment auch nicht Zentrum unseres Handelns. Uns geht es jetzt darum, allen Betroffenen rasch und unbürokratisch zu helfen, unabhängig davon, ob es große Betriebe sind, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oder Einpersonenunternehmen (EPU). Vor allem steht die Sicherung von Liquidität und Arbeitsplätzen im Vordergrund.
Laut Epidemiegesetz hätten Unternehmen, die staatlich angeordnet schließen müssen, eine Abgeltung des Verdienstentgangs erhalten. Warum gibt es diese nicht?
Weil das Epidemiegesetz gar nicht zur Anwendung kommt. Dieses gilt nur, wenn einzelne Betriebe behördlich geschlossen werden, um die Umgebung vor einer Gefahr zu schützen, die von eben diesen Betrieben ausgeht. Das könnte zum Beispiel ein Mastbetrieb sein, in dem ein Virus ausgebrochen ist. Um Unternehmen während der aktuellen Pandemie unterstützen zu können, mussten wir einen neuen Rechtsrahmen schaffen.
Was heißt das jetzt alles für das Buchgeschäft, das den Betrieb einstellen muss, oder die Floristin, die schon für das Ostergeschäft bestellt hat? Was können sie nun konkret tun?
Als Erstes müssen sie unbedingt zur Sozialversicherung, weil sich die Betriebe die Sozialversicherungszahlungen stunden und die Bemessungsgrundlage heruntersetzen lassen können. Auch können die Verzugszinsen erlassen werden. Wer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, sollte außerdem das AMS kontaktieren. Wir haben mit der Plattform „Händler helfen Händlern“ auch die Möglichkeit geschaffen, dass Handelsangestellte als Arbeitskraft vorübergehend von Lebensmittelhändlern übernommen werden. Wenn das nicht geht, besteht auch die Möglichkeit der Kurzarbeit. Dazu stehen alle Informationen auf oesterreich.gv.at. Kontaktstelle ist das AMS. Dann wird es für die Floristin oder den Buchhändler noch wichtig sein, die Hausbank zu kontaktieren. Brauchen sie einen Kredit, bekommen sie eine Absicherung vom Staat beim Austria Wirtschaftsservice (AWS). Sollte das alles nicht greifen, bereiten wir einen Härtefonds für Klein- und Mittelbetriebe vor.
Gibt es auch Hilfe für Künstler?
Ja. Neu ist, dass wir zum ersten Mal auch Garantien an EPU geben, die nicht in die Kategorie der gewerblichen EPU fallen, zum Beispiel Journalisten, Vortragende oder Künstler. Sie hatten bisher überhaupt keine Möglichkeit, eine Garantie für ihre Kreditlinie vom Staat zu bekommen.
Und für größere Betriebe kommt vorwiegend Kurzarbeit infrage?
Viele größere Unternehmen können weiterproduzieren. Andere wiederum haben nach Lösungen von Zeitausgleich bis Urlaub gesucht. KTM hat in Absprache mit dem Betriebsrat etwa den Betriebsurlaub vorgezogen. Das ist die wünschenswerte Variante. Ansonsten gibt es natürlich die Möglichkeit der Kurzarbeit und auch staatliche Garantien. Wir haben gerade zwei Milliarden Euro an zusätzlichen Garantien für die großen Unternehmen aufgelegt.
Darf in Fabriken nur mit einem Meter Abstand zwischen den Mitarbeitern produziert werden?
In vielen Produktionen gibt es ohnehin größere Abstände, aber das ist völlig unterschiedlich. Die Unternehmen müssen das von Fall zu Fall selbst beurteilen und darauf achten, dass die Mitarbeiter nicht zu stark zusammenstehen und den Abstand einhalten.
Wie lange werden die Einzelhandelsgeschäfte geschlossen bleiben? Bis Ostern?
Das kann ich nicht endgültig beantworten, vorerst gelten die Betretungsverbote für eine Woche. Derzeit ist klar, dass die Infektionen weiterhin rasch ansteigen und wir alles tun müssen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Derzeit werden Unternehmen vier Milliarden Euro zugesichert. Gibt es eine Grenze nach oben, wenn es mehr braucht?
Wenn es nicht ausreichen wird, wird es wohl mehr Geld geben.
Aus Sicht der Wirtschaftskammer muss das Geld nach Maßstäben der Betroffenheit und Ausgewogenheit verwendet werden. Welche Kriterien gibt es?
Wir schauen auf die aktuelle Situation des Unternehmens und darauf, wie es vorher war. Es muss möglich sein, unbürokratisch und ohne große Hürden an die Hilfen zu kommen, aber ein paar Eckdaten gibt es natürlich. Es geht zum Beispiel nicht, dass sich ein Unternehmen nur gründet, um Geld zu holen. Es geht um bestehende Unternehmen, deren Geschäft gut gelaufen ist. Wir wollen die Strukturen erhalten, denn diese Phase der Coronakrise wird vorübergehen.
Für Kurzarbeit sind aktuell 400 Millionen Euro budgetiert. Der Topf wird schnell leergeräumt sein. Wer bekommt das Geld zuerst, und könnte es für Kurzarbeit auch mehr als 400 Millionen Euro geben?
Wenn die 400 Millionen Euro aufgebraucht sind und es mehr braucht, wird man sie aufstocken müssen.
Können Sie sich vorstellen, dass die Kollektivvertragslöhne zum Beispiel für den Handel und für Supermarktangestellte oder in Sozialberufen, zum Beispiel für Pflegekräfte, angehoben werden. Sie sind Teil der kritischen Infrastruktur und ihr Wert wird aktuell ja nur allzu deutlich?
Es wird sicher einen großen Dank an allen Mitarbeiter in diesen Bereichen geben. Ob das entsprechend in die KV-Verhandlungen einfließen wird, ist aber Sache der Sozialpartner.
Ist eine Gefahrenzulage für Supermarktangestellte im Gespräch?
Im Moment sind so viele Berufsgruppen im Einsatz, die Übermenschliches leisten und das Ganze aufrecht und am Laufen halten. Ihnen allen gilt unser Dank. Wir haben jetzt ein großes Unterstützungspaket geschnürt, alles Weitere werden wir uns anschauen.