Rettungskommandant: „Werde meine Mama bald in den Arm nehmen können“

Erste Lockerungen sind in Kraft. Sonderberater der Regierung, Gerry Foitik, wagt eine Prognose für den Alltag.
Wien Wann ist die Pandemie vorbei? „Wenn die Herdenimmunität erreicht ist“, meint Bundesrettungskommandant Gerry Foitik. Bis dahin könnte es aber dauern. Die Bundesregierung teilte am Dienstag zumindest mit, dass der Kurs im Kampf gegen das Coronavirus stimme. Ein erster Schritt in Richtung Öffnung sei möglich geworden, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Ausschlaggebend für alle weiteren Lockerungen sei immer die Zahl der Neuansteckungen und Hospitalisierungen. Schnellt sie in die Höhe, müsse die Notbremse gezogen werden, hielt Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) fest.
Regierung hält sich bedeckt
Wie der neue Alltag in den kommenden Monaten aussehen wird und ab wann die soziale Distanz geringer werden könnte, verrät die Regierung nicht. Man wolle keine Unruhe stiften, sagte Kurz. Noch gelten die Ausgangsbeschränkungen, welche die Bundesregierung bis Ende April verlängert hat. Einzige Neuerungen: Öffentliche Verkehrsmittel dürfen nun auch genutzt werden, um ins Freie zu kommen. Außerdem sind kleine Geschäfte sowie Bau- und Gartencenter wieder offen. Gleichzeitig besteht nun Maskenpflicht in Läden und Öffis.
Der weitere Fahrplan sieht vor, den Handel inklusive Frisöre ab 1. Mai gänzlich aufzusperren. Maturanten und Lehrlinge, die vor ihrem Abschluss stehen, dürfen wieder in die Schule. Ab Mitte Mai sollen Gastronomie und Hotels schrittweise öffnen, möglicherweise auch Schulen. Wie es im Kultur- und Sportbereich weitergeht, möchte die Bundesregierung diese Woche präsentieren.
Wann das Coronavirus besiegt ist und Herdenimmunität besteht, traut sich bisher niemand vorherzusagen. Am Wochenende wagte Bundesrettungskommandant Foitik, der als Sonderberater der Bundesregierung agiert, nun eine Prognose. Eine kontrollierte Durchseuchung nähme vier bis sechs Jahre in Anspruch, schrieb er auf Twitter. Da Herdenimmunität aber auch mittels Impfung hergestellt werden könne, verkürze sich die Zeit vermutlich auf zehn bis 18 Monate. Bis die Medizin so weit sei, brauche es ein „Containment 2.0“.
„Abstand halten von wem?“
Containment gilt als zentrale Strategie, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und langfristig einzugrenzen. Ziel ist es, Infizierte und Erkrankte so schnell wie möglich zu identifizieren und deren Kontaktpersonen festzustellen. Alle Betroffenen werden sofort isoliert, damit sie keine weiteren Personen mehr anstecken können. „Containment 2.0“ ist für Foitik, was ab Ende April gemacht wird. Im Mai gebe es vermutlich noch gewisse Restriktionen. Im Juni werde das Leben dann aber so aussehen: „Händewaschen, Abstand halten, Mund-Nasen-Schutz, App, Testen, Testen, Testen, Kontaktpersonenmanagement, rasches Isolieren Erkrankter und deren Kontaktpersonen“, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst. „Abstand halten von wem?“, wird Foitik daraufhin gefragt: „Es wird nicht schwarz/weiß sein können. Es geht um Risiko, also Wahrscheinlichkeiten. Ich werde meine Mama bald wieder in den Arm nehmen können, aber sie muss ja nicht unbedingt drei Mal pro Woche ins Theater.“