Julia Ortner

Kommentar

Julia Ortner

John Wayne braucht keinen Flughafen

Politik / 30.06.2020 • 07:30 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Und jetzt auch noch John Wayne. Sie wollen uns unseren Westernheld wegnehmen! Aufgeregtheit unter amerikanischen Fans, aufgrund der aktuellen Rassismus-Debatte wollen die Demokraten im kalifornischen Orange County den nach John Wayne benannten Flughafen umbenennen. Der Hollywoodstar sprach einst in Interviews gerne von der „white supremacy“, der Überlegenheit der Weißen, Schwarze bedürften der „Erziehung“.

Rund um die erstarkte „Black Lives Matter“-Bewegung, die sich seit 2013 mit Polizeigewalt und Rassismus gegen Afroamerikaner beschäftigt, brechen jetzt täglich neue Debatten über den Umgang mit dem rassistischen Erbe der Vergangenheit und den Problemen der Gegenwart auf. Auslöser der landesweiten Proteste, Ausschreitungen und öffentlichen Diskussionen war der gewaltsame Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis am 25. Mai.

Auch in Österreich beschäftigt man sich im Zuge von „Black Lives Matter“ wieder mehr mit dem unangenehmen Thema Alltagsrassismus – wer will schon als rassistisch bezeichnet werden? Die hitzige Debatte rund um das Logo der Dornbirner Mohrenbräu-Biermarke, die VN-Chefredakteur Gerold Riedmann in seinem Leitartikel vor zwei Wochen eingeordnet hat, zeigt: Jahrhundertealte rassistische Stereotype, wie der Kopf des Schwarzen mit Wulstlippen und Kraushaar, sitzen tief im kollektiven Unterbewusstsein.

Struktureller Rassismus

Es geht weder hierzulande noch in den USA darum, irgendjemanden etwas Vertrautes, Gewohntes wegzunehmen – ein Name, ein Logo, eine Heldenfigur – sondern darum, in der Mehrheitsgesellschaft Bewusstsein für schwere Missstände zu schaffen und diese gemeinsam zu bekämpfen. Die strukturelle Benachteiligung schwarzer Menschen ist auch 50 Jahre nach der rechtlichen Gleichstellung in den USA in vielerlei Hinsicht messbar: Schwarze Amerikaner leben im Durchschnitt kürzer, sie sind ärmer und weniger gesund als weiße Amerikaner. Sie werden statistisch weitaus häufiger Opfer von Polizeigewalt, erhalten für das gleiche Verbrechen 20 Prozent längere Haftstrafen als Weiße und landen überhaupt häufiger im Gefängnis.

Ein neues Bewusstsein wird auch durch Sprache und Symbole geprägt, gerade deshalb sind Kämpfe um Namensgebung auch kein lächerlicher Nebenschauplatz. Und wenn man sich vor Augen führt, dass 2019 bei der Anti-Rassismus-NGO Zara österreichweit 2000 rassistische Vorfälle gemeldet wurden (laut Studie der EU-Grundrechtsagentur werden nur 14 Prozent aller Fälle gemeldet), dann muss man erkennen, dass Alltagsrassismus uns alle bewegen sollte. Die Sprache, das Bewusstsein, die Welt entwickeln sich weiter und verändern sich. Doch dies sind nicht die Veränderungen, die uns bedrohen.