Was die Pflegekosten um Milliarden verteuert

Öffentlicher Aufwand nimmt bis 2030 deutlich zu. Regress-Aus wird laut Wifo fast 600 Millionen kosten.
Wien Die Bundesregierung hatte sich das erste halbe Jahr ihrer Amtszeit anders vorgestellt. Bevor sich das Coronavirus in Österreich verbreitete, begann Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) etwa seine Dialogtour zur Pflegereform. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte eine Pflegeversicherung an und erklärte, dass die Pflege künftig großteils vom Bund finanziert wird. Dann kam Covid19 und die Pflegereform rückte in den Hintergrund.
9,1 Milliarden Euro
Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen nun aktuelle Zahlen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Demnach wird der öffentliche Aufwand für Geld- und Sachleistungen in der Pflege von 5,1 auf 9,1 Milliarden Euro im Jahr 2030 steigen. Grund dafür ist die Alterung der Gesellschaft, aber laut Wifo auch höhere Kosten für Pflegedienstleistungen pro Betroffenem. Da die Pflegebedürftigen immer älter werden – 2018 waren über 43 Prozent älter als 85 Jahre – nehme auch der Betreuungsaufwand zu. Außerdem müssten die Gehälter steigen, um Pflegeberufe attraktiver zu machen. Der Personalbedarf ist groß. Bis 2030 werden laut der Gesundheit Österreich GmbH 75.700 neue Pflegekräfte gebraucht, um einerseits die zunehmende Arbeit und andererseits die anstehenden Pensionierungen abdecken zu können.
Pflegeregress-Aus kommt teuer
Eine weitere Baustelle ist noch offen: Der ab 2018 abgeschaffte Pflegeregresses. Hier müssen erst Wege gefunden werden, um den dadurch entstandenen Einnahmeentfall abzudecken, wie es im Wifo-Bericht heißt. Die Bundesregierung hat den Ländern zwar Kompensationszahlungen zugesagt. Die Landesregierungen fordern allerdings, dass die Bundesregierung auch jene Kosten tragen müsse, die durch die verstärkte Nachfrage nach Pflegeplätzen entstünden. Durch die Abschaffung des Regresses habe sich der Druck erhöht. Es gebe einen höheren Anreiz in ein Pflegeheim zu gehen, hielt die Vorarlberger Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) zu Jahresbeginn fest.
Laut Wifo kostete das Pflegeregress-Aus Ländern und Gemeinden im Jahr 2018 273 Millionen Euro. Für 2019 und 2020 werden die Mehrausgaben mit 289 und 308 Millionen Euro beziffert. Laut Wifo klettern die Ausgaben bis 2025 auf 427 Millionen. Im Jahr 2030 gehen die Wirtschaftsforscher von knapp 600 Millionen aus. Für 2020 hat die Bundesregierung bereits 300 Millionen Euro budgetiert. Für die Jahre danach wird sie ohnehin einen neuen Plan zur Pflegefinanzierung schmieden müssen.