VN-Sommergespräch mit SP-Staudinger: „Mein Fokus läge auf dem Bürgermeisteramt in Hard“

Als Gemeindewahlsieger würde Staudinger der Landespolitik Ade sagen und sich ausschließlich seinem Amt als Bürgermeister von Hard widmen.
Lauterach Viertstärkste politische Kraft im Landtag sind die Sozialdemokraten. Seit den Wahlen im Vorjahr sind die Genossen mit vier Volksvertretern im Landesparlament vertreten. Die VN luden Landesparteichef und Klubobmann Martin Staudinger zu einem Sommergespräch ins Restaurant Guth nach Lauterach. Staudinger wirft sich derzeit übrigens auch kommunalpolitisch mächtig ins Zeug und macht bei der Gemeindewahl am 13. September als Bürgermeisterkandidat der Harder Gemeindechefin Eva-Maria Mair (VP) das Amt streitig.
Herr Staudinger, wie sind Sie eigentlich auf die Idee gekommen, Bürgermeisterkandidat in Hard zu werden?
Das war nicht meine Idee, die Idee stammt von vielen Hardern. Begonnen hat alles im Landtagswahlkampf. Da war ich in Hard unterwegs und im Gespräch mit Bürgern, auch solchen, die mit den Sozialdemokraten nichts am Hut haben. Viele haben damals zu mir gesagt, dass sie es zwar gut finden, wenn ich für den Landtag kandidiere. Gleichzeitig baten sie mich, als Bürgermeisterkandidat zu kandidieren, weil sie Harald Köhlmeier nicht mehr länger als Gemeindechef haben wollten. Dann kam es zu einer von uns mitinitiierten Volksabstimmung zum Durchstich beim Hafen, den bekanntlich 80 Prozent der Bürger abgelehnt haben. Wenige Tage später hat mich die Harder SP zum Spitzenkandidaten gekürt, Köhlmeier warf als Bürgermeister das Handtuch und Eva-Maria Mair wurde seine Nachfolgerin.
Nun stellt sich die Frage zu Ihrer Weggabelung: Werden Sie sich aus der Landespolitik verabschieden, wenn Sie zum Gemeindechef gewählt werden?
Diese Frage ist zwar hypothetisch, für mich ist aber eines jetzt schon klar: Wenn die Harder Wahlberechtigten mich am 13. September zum Bürgermeister wählen, wird mein Fokus auf dem Amt als Gemeindechef liegen und nicht mehr in der Landespolitik.

Regierende in Bund und Land profitieren vielfach von Krisen. Gilt das auch für Gemeinden wie Hard und Bludenz?
Ich glaube, dass Vizebürgermeister Mario Leiter in Bludenz während des Lockdowns gezeigt hat, dass er die Stadt führen kann. Leiter hatte bekanntlich das Amt übernommen, weil sich der regierende Bürgermeister Mandi Katzenmayer zwei Wochen in Quarantäne begeben musste. Die Bludenzer haben bestimmt bemerkt, dass Mario Leiter während der Coronakrise einen guten Job gemacht hat, und werden ihm am 13. September auch ihr Vertrauen schenken.
Stichwort Akzeptanz von Verordnungen: Ist es eine gute Idee, in einer Zeit wie dieser eine Dornbirner Messe zu veranstalten?
Wenn die Besucher die Grundregeln in Sachen Corona, wie das Tragen einer Mundmaske, Handhygiene und Abstände genau einhalten und der Luftaustausch entsprechend gegeben ist, lässt sich meiner Meinung nach eine Dornbirner Messe durchführen.
Das erste halbe Jahr ist vergangen. Was ist Ihr politisches Herzensthema in der zweiten Jahreshälfte?
Egal ob bundes-, landes- oder kommunalpolitisch: Das dominierende Thema wird die Pandemie und deren Folgen bleiben, da muss man realistisch bleiben. Corona ist noch nicht vorbei, so lange es einen Erkrankten gibt, kann sich die Pandemie weiter verbreiten. Und so lange es keine Therapie und keinen Impfstoff gegen Corona gibt, ist die Gefahr nicht gebannt. Daher wird diese Thematik weiterhin im Vordergrund stehen. Das Leben der Menschen schützen zu können, zählt zu den unmittelbarsten Bereichen der Politik. Wir müssen also alles daransetzen, um die Lage im Griff behalten zu können.
Könnte man generell sagen, dass in der Zeit der Krise sozialdemokratische Politik zu kurz gekommen ist?
In dieser Krise ist aus meiner Sicht deutlich geworden, dass sozialdemokratische Politik wichtig ist. Sichere und gute Arbeitsplätze sind für uns und für alle Menschen wichtig. Und das ist den Menschen in dieser Zeit auch bewusst geworden. Auch ein Staat, der die Menschen beschützt und ihnen hilft, ist jedem Arbeitnehmer und Unternehmer bewusst geworden.

Vorarlbergs SP ist es mehr oder weniger gewohnt, mit wenig Rückenwind von der Bundesebene zu segeln. Wie geht’s der Bundespartei?
Es geht um die Themenlandschaft. Wir hatten Jahre, da ging es um die Flüchtlings- und Klimakrise, jetzt geht es um ganz handfeste Sachen wie die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder die eigene Gesundheit. Es handelt sich also um Themenbereiche, für die die Sozialdemokratie in den letzten Jahrzehnten gute Sozialsysteme geschaffen hat. Wir haben auch die Kompetenz dafür. Inhaltlich herrscht also jetzt die Zeit, wo wir uns gut in die Politik einbringen können. Im Übrigen hat unsere Mitgliederbefragung in Sachen Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner ein klares Ergebnis gebracht, die Sache ist für mich erledigt.
Zurück ins Land: Wie sehen Sie die Vorarlberger SP im Hinblick auf den Gemeindewahlkampf gerüstet und wo gibt es die größte Hoffnung auf Zugewinne?
Ich hatte schon beim ersten Durchgang der Wahl, der dann leider abgesagt wurde, ein gutes Gefühl. Gemäß Umfragen, auch jenen in den VN, hätten wir in einigen Kommunen zulegen können. Ich gehe davon aus, dass wir gestärkt aus der Gemeindewahl hervorgehen werden. In wie vielen Kommunen wir kandidieren werden, kann ich jetzt nicht sagen.
Bei der letzten Landtagswahl ist die SP unter den zweistelligen Prozentzahlen geblieben. Wie groß war Ihre Enttäuschung?
Das ist eine Suggestivfrage. Ich habe vor der Wahl gesagt, dass ich Stimmen dazugewinnen will. Faktisch sind wir nach vielen Jahren wieder stärker geworden und seit der Wahl im Vorjahr mit vier statt drei Abgeordneten im Landesparlament vertreten.
Zur Person
Dr. Martin H. Staudinger
SPÖ-Landesparteivorsitzender
Geboren 22. Juni 1979
Ausbildung Studium Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Wien
Beruf Leiter des Sozialministeriumsservice Vorarlberg
Laufbahn Während des Studiums für die VSSTÖ ÖH-Finanzreferent, 2006 Bezirksrat und stv. Klubobmann, 2006 Bezirksgeschäftsführer der SPÖ Innere Stadt in Wien, im Wahlkampf 2008 für die Bundespartei zuständig. Anschließend Wechsel ins Sozialministerium, seit Herbst 2016 wieder in Vorarlberg.
Hobbys Snowboarden, Surfen, viel am See
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