Streit um Pfand auf Plastikflaschen

Wirtschaftskammer gegen Pfandsystem. Ministerin arbeitet daran.
Wien In den Koalitionspakt der türkis-grünen Bundesregierung hat es die Einführung eines Pfandsystems für Einweg-Plastikflaschen nicht geschafft. Das Umweltschutzministerium arbeitet dennoch an einem möglichen Modell. In den Koalitionsverhandlungen war ein solches Pfandsystem bereits Streitthema. Am Ende sei man am Widerstand der Wirtschaftskammer gescheitert, berichtet der Grüne Umweltlandesrat Johannes Rauch, der an den Gesprächen beteiligt war. Er spricht sich genauso wie der Vorarlberger Gemeindeverband für ein Einweg-Pfandsystem aus.
Verwertet Österreich sein Plastik nicht besser, könnte das teuer kommen. Die auf EU-Ebene geplante Plastiksteuer für nicht wieder verwerteten Kunststoff wird laut Finanzressort ab 2021 jährlich 142 Millionen Euro kosten. Das Geld dafür soll aus dem Bundesbudget kommen. Weiters drohen Strafen, sollte Österreich die vorgegebenen Ziele verfehlen, bis 2025 mindestens 77 und bis 2029 mindestens 90 Prozent der Kunststoffflaschen zu recyclen. Die Republik liegt aktuell bei 70 Prozent. Hauptverantwortlich für die zu niedrige Quote sind die größeren Städte, berichtet Herbert Koschier von der Umweltplattform des Gemeindeverbands. Vorarlberg kommt bei der Sammelquote bereits auf rund 90 Prozent.
Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) tüftelt nun an Maßnahmen gegen die Plastikflut: „Wir erarbeiten ein mögliches Pfandsystem und wir haben eine höhere Mehrweg-Quote im Regierungsprogramm vereinbart. Darüber hinaus werden wir das Tarifmodell für Verpackungshersteller so verändern, dass nicht recyclingfähiges Plastik teurer wird.“
Der Generalsekretär der Österreichischen Wirtschaftskammer, Karlheinz Kopf (ÖVP), plädiert hingegen für eine bessere Erfassung von Wertstoffen, Sortierung und Bewusstseinsbildung. Das habe eine größere Wirkung als ein Einweg-Pfandsystem. Man spare sich Kosten. Außerdem schütze man die kleinen Händler, die unter einem neuen System leiden würden.
„Diese Argumente bleiben genau so falsch, wie sie es vor 20 Jahren waren“, kontert Umweltlandesrat Rauch: „Dass ein Pfandsystem funktionieren kann, zeigen andere Länder.“ In Deutschland werden 97 Prozent aller in Verkehr gebrachten Einweg-Plastikflaschen zurückgegeben, erklärt Koschier. Gleichzeitig würde das Littering-Problem um 50 bis 60 Prozent reduziert und die Vorarlberger Gemeinden würden rund drei Millionen Euro sparen. Kleine Händler müssten außerdem keine Pfand-Maschinen anschaffen, sondern könnten die Flaschen einfach so zurücknehmen. Noch dazu steige die Kundenfrequenz. „Für mich ist es ein Rätsel, dass sich Teile der Wirtschaft nach wie vor gegen ein Pfandsystem stellen“, sagt Koschier. Alle anderen Varianten wären deutlich teurer.
Das zeigt auch eine Studie der Universität für Bodenkultur, der Montanuniversität und des technischen Büros Hauer. Die Sammelquote könne ohne weitere Maßnahmen nicht weiter gesteigert werden, heißt es darin. Ein Pfandsystem würde demnach am besten Abhilfe leisten.
Pro Jahr werden laut Ministerium in Österreich 1,6 Milliarden Getränkeflaschen aus Plastik verkauft und 800 Millionen Dosen in Umlauf gebracht. Lag der Mehrweganteil laut Global 2000 in den 90er-Jahren noch bei 80 Prozent, ist er in der Zwischenzeit auf 18,4 Prozent gesunken. EU-weit haben bereits zehn Staaten ein Einweg-Pfandsystem eingeführt. Acht weitere wollen es bis 2023 tun. Johannes Rauch ist davon überzeugt, dass auch Österreich zu diesen Ländern dazukommen wird. „Es führt kein Weg daran vorbei.“