Heftige Diskussionen: Moria als Spielball der Politik

Emotional geführt Debatte um notleidende Flüchtlinge. Immer mehr VP-Gemeindechefs für Aufnahme.
Wien, Bregenz Die innenpolitischen Streitigkeiten um eine Aufnahme von minderjährigen Flüchtlingen aus dem abgebrannten griechischen Lager Moria auf der Insel Lesbos sind um eine Facette reicher. Innenminister Karl Nehammer (VP) regt in einem Brief an, dass Wien alternativ gerne Jugendliche aus Bundesbetreuungseinrichtungen aufnehmen könne, um diese zu entlasten. Bürgermeister Michael Ludwig (SP) zeigt sich verwundert. Hintergrund ist, dass der Wiener Landtag mit den Stimmen von SP, Grünen und Neos angeregt hat, 100 schutzbedürftige Jugendliche aus griechischen Lagern aufzunehmen. Dafür bräuchte es freilich die Zustimmung des Bundes. Doch die Volkspartei blockt ab.
VP-Fischer: “Bin mit Bischof Elbs auf einer Linie”
Nun macht Nehammer darauf aufmerksam, dass die Bundesbetreuungseinrichtungen wie beispielsweise Traiskirchen und Thalham mit gesamt rund 1600 Flüchtlingen stark belegt sind. In einem Brief an Ludwig ist zu lesen, dass sich derzeit 170 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Bundesbetreuung befänden. Ludwig könne sein Angebot wahr machen und 100 von Moria aufnehmen. Im Rathaus wird das als Provokation betrachtet. Ludwig schrieb Nehammer, dass das Angebot ein Gebot der Menschlichkeit sei und er es erneuere. Überrascht sei er, dass Nehammer die Umstände in dem abgebrannten Lager mit jenen in der Bundesbetreuung vergleiche, für die der Minister zuständig sei. Ohnehin ist Wien nicht die einzige Stadt, die Bereitschaft bekundet hat, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen.
VP-Loacker: “Menschlichkeit vor Parteiräson”
Unter anderem hatten mehrere VP-Bürgermeister im Land diese Linie vertreten. “Ich bin lieber mit Bischof Benno auf einer Linie wie mit anderen Menschen”, betont Kurt Fischer (VP) als Bürgermeister von Lustenau im VN-Gespräch. Das Land hätte mit der Caritas einen guten Partner, meint Fischer, der seit Jahren bei der Institution als Kurator mitwirkt. Für den Bürgermeister, der sich bereits bei der Flüchtlingswelle 2015 engagiert hatte, ist das Ganze eine verzwickte Situation: “Ich fühle mich nicht gut dabei, wenn ich sage, was ich tun würde, wenn ich könnte, es dann aber nicht tun kann. Die Bundesregierung muss sich bewegen, dann bewegt sich Vorarlberg sofort.” In die ähnliche Kerbe schlägt Markus Linhart (VP), Stadtchef von Bregenz: “Ich würde es begrüßen, wenn hier ein Zeichen gesetzt wird.”
Und Tobias Bischofberger, VP-Gemeindechef in Mellau, meint: “Aktive Hilfe vor Ort ist gut und recht. Man muss das Problem aber ganzheitlich sehen. Vom Menschlichen her müsste man aber sofort Menschen aufnehmen.” Das Gesamtproblem sei allerdings nicht vom Tisch, wenn man 50 Flüchtlinge aufnehmen würde, mahnt Bischofberger. Sein Kollege in Andelsbuch, Bernhard Kleber (VP), sieht dies ähnlich: “Es muss etwas passieren, man kann diese Menschen nicht alleine lassen.” Wenn es wie im Fall Moria um Menschlichkeit geht, habe Parteiräson keinen Platz, sagt auch Christian Loacker (VP) als Gemeindechef von Götzis. “Wir würden eine gewisse Zahl an Flüchtlingen verkraften, es geht auch um Kinder.” Sie würde “gerne Kinder und Jugendliche aufnehmen, das geht aber nur über das Asylwesen und die Grundversorgung des Bundes”, sagt Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne).
„Offen gesagt blutet einem das Herz, wenn man diese Bilder aus Moria sieht.“
Tobias Bischofberger, Bürgermeister Mellau, VP
„Selbstverständlich würde ich in Vorarlberg gerne Kinder und Jugendliche aufnehmen.“
Katharina Wiesflecker, Soziallandesrätin, Grüne
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