Im Grasser-Prozess fällt nach drei Jahren ein Urteil

Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und weitere Angeklagte wird nach fast dreijähriger Hauptverhandlung am Freitag ein Urteil gesprochen.
Wien Richterin Marion Hohenecker wird als Vorsitzende des Schöffensenats ab 10.30 Uhr das Urteil verkünden, was wegen des großen Umfangs des Prozesses wohl mehrere Stunden lang dauern wird. Grasser drohen bis zu zehn Jahre Haft. Der Prozess begann am 12. Dezember 2017, an 168 Tagen wurde verhandelt.
Zudem wurden insgesamt 150 Zeugen einvernommen. Neben der Anklage zu Korruptionsverdacht bei der Bundeswohnungs-Privatisierung (Buwog und andere Wohnbaugesellschaften) und dem Linzer Bürohaus Terminal Tower wurden auch Anklagen zur Causa Telekom-Valora-Parteienfinanzierung sowie ein Betrugsvorwurf rund um Walter Meischbergers Villa in den Prozess aufgenommen. Auch darüber wird am Freitag geurteilt.
Coronabedingt wurde im Lockdown im heurigen Frühjahr eine mehrmonatige Pause eingelegt. Wegen des erwarteten großen Medienandrangs hat das Wiener Straflandesgericht Platzkarten an die Medienvertreter vergeben. Der Große Schwurgerichtssaal ist schon seit einiger Zeit coronagerecht mit Plexiglastrennscheiben und Desinfektionsmittelspendern ausgestattet.
Dem Erstangeklagten Grasser drohen bis zu zehn Jahre Haft. Die Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft dem Finanzminister in zwei Regierungen von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) vor, er habe bei der Bundeswohnungsprivatisierung im Jahr 2004 Untreue begangen und sich bestechen lassen. Weiters soll er bei der Einmietung der Finanzbehörden in das Linzer Bürohaus Terminal Tower im Jahr 2006 Bestechungsgeld bekommen haben. Es geht bei der Buwog-Privatisierung um eine Provision von 9,6 Mio. Euro, beim Linzer Bürohaus sollen 200.000 Euro geflossen sein. Das Geld soll laut Anklage zwischen Grasser und seinen Mitangeklagten aufgeteilt worden sein.
Grasser und die Mitangeklagten Walter Meischberger und Ernst Plech – letzterer ist seit längerer Zeit aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig – weisen die Vorwürfe zurück und werfen den Anklägern Parteilichkeit und Gesetzesverletzung vor. Die Belastungszeugen bezichtigen sie der Lüge. Der mitangeklagte Ex-Lobbyist Peter Hochegger hat zu Prozessbeginn ein Teilgeständnis abgelegt und belastet damit die übrigen Angeklagten.
Im fast genau drei Jahre lang dauernden Prozess wurde die Frage ausführlich untersucht, ob bei der Bundeswohnungsprivatisierung geheime Informationen von Grasser über Meischberger und Hochegger an die letztlich siegreichen Bieter Immofinanz und RLB OÖ flossen. Grasser und Meischberger dementieren das entschieden. Mittels eines Tipps von Hochegger und Meischberger überboten Immofinanz/RLB OÖ die mitbietende CA Immo knapp um eine Million und gewannen mit 961 Mio. Euro den Zuschlag für die Bundeswohnungen. Meischberger gab an, die entscheidenden Informationen vom – mittlerweile verstorbenen – Ex-FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider bekommen zu haben.