Wiener Massentest: Stäbchen statt Musik in der Stadthalle

45 Minuten bis zum Ergebnis: ein Erfahrungsbericht aus der Bundeshauptstadt.
Wien Am 21. Februar war die Welt noch eine andere. Damals dröhnte der Bass aus der Wiener Stadthalle. Die Gruppe Deichkind spielte auf, so richtig. Keine Maske, kein Abstand, keine Pandemie. Um es in den Worten der Band zu sagen: Es war „leider geil“. Es war mein letzter Besuch in der Stadthalle, bevor das Coronavirus auch in Österreich um sich griff. Nicht einmal ein Jahr später bin ich wieder hier. Statt Bier gibt es ein Stäbchen in die Nase, statt Musik einen Zettel mit Testergebnis.

Die Anmeldung zu diesem Ereignis war so problemlos wie ein Ticketkauf. Browser auf, Daten rein, ein paar Klicks und schon war der Termin am 4.12. um 10 Uhr bestätigt. Wie es sich für eine Vorarlbergerin gehört, war ich um 9.59 Uhr dort. Ein netter Herr zieht mit einer Pinzette eine FFP2-Maske aus seiner Kartonbox und gibt sie mir in die Hand. Erst dann entdecke ich die lange Warteschlange. „Ein wenig frieren für den Massentest. Gibt Schlimmeres“, denke ich mir – die meisten anderen wohl auch. Es ist ruhig. Es herrscht Ordnung. Die Männer und Frauen in den orangen Westen sind freundlich: „Hier bitteschön, keine Werbung, ein Tuch“, sagt einer, als er wieder mit der Pinzette in seine Maskenbox fasst. „Vorne dann einfach bitte anziehen“, erklärt er. „Vorne ist wo?“, entgegnet eine Wienerin, deren Grant dann doch ein wenig durchschimmerte.
Vorne war direkt beim Stadthalleneingang, groß ausgeschildert, in Orange. „E-Card und Ausweis haben Sie mit?“ „Ja“, antworte ich und werde ins erste Leitsystem eingeordnet. Vorbei an einem weißen Zelt gibt es noch einen Infozettel. Bis zu den Infektionsspendern direkt bei den Eingangstüren dauert es ca. 15 Minuten. Das Desinfektionsmittel ist kalt.

Es dauert eine weitere Viertelstunde, bis ich zur Registrierung komme. Wir werden auf gelben Streifen einsortiert. Diese zeigen uns, wann wir in den Testsektor abbiegen können. Ich erwische Sektor C. Die Wartezeit verbringe ich damit, mich zu orientieren. „Front of Stage beim Massentest?“, frage ich mich. Bis zum Schluss habe ich keine Antwort darauf, ob ich nun in Bühnennähe wäre oder nicht.
Von den Gängen geht es nun in die eigentliche Halle. Dort sind große, mit dunklen Planen verkleidete Absperrgitter aufgestellt. Das Bundesheer ist allgegenwärtig, auf Bannern, aber auch in Person. Überall schwirren Soldaten herum, organisieren, sortieren, leiten den Testpersonen ihren Weg. „Sie bitte zu Nummer 15“, sagt man zu mir. Dort werde ich registriert. Dann folgt der Test. Zehn Sekunden wird das Stäbchen in meiner Nase gedreht. „Sechs, fünf, vier…“, läutet der Tester den Countdown ein. Ich weiß nicht, wo ich zuletzt so viele freundliche Wiener an einem Ort gesehen habe. Der Tester zieht das Stäbchen aus meiner Nase und sagt. „Sie dürfen sich jetzt bitte auf eines der orangen Quadrate stellen.“ Dort warte ich, bis ich das Ergebnis erhalte. Negativ.

„Adieu, Stadthalle“, denke ich mir. Wie lange es wohl dauern wird, bis ich dich wiedersehe? So richtig? Nicht für Stäbchen und Befund. Sondern für Musik und Bier. Ein bisschen Geduld wird wohl nötig sein. Ich komme gerne wieder. Auch wenn zuerst Impfstoff und Nadel an der Reihe sind. Die Abwicklung der Stadt Wien kann sich sehen lassen. Es braucht nur ein wenig Zeit. Nach 45 Minuten ist alles vorbei. Ich werfe einen Blick auf das Gebäude zurück. Die Warteschlange davor wurde nicht kürzer. Ich glaube, dass es gut gewesen ist, dort zu sein; wenngleich ich schon der Meinung bin, dass der Stadthalle Konzerte deutlich besser stehen als Massentests.
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