Klares Jein zum Plastikpfand

Ein Pfandsystem auf Einwegplastikflaschen ist laut Umweltministerin Gewessler alternativlos. Die ÖVP will das nicht.
Wien Es gibt keine Alternative zur Einführung eines Pfandsystems für Einwegplastikflaschen. So viel steht für Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) fest. Das verdeutlicht sie in einer Anfragebeantwortung an den FPÖ-Abgeordneten Walter Rauch. Die Wirtschaftskammer und der Koalitionspartner sind anderer Meinung. Im Oktober preschte Gewessler dennoch vor. Sie will den Handel verpflichten, bei Getränken ab 2023 mindestens 25 Prozent Mehrwegflaschen zu verkaufen. Die Ministerin plant zudem eine Abgabe für Importeure und Produzenten von Plastikverpackungen. Außerdem möchte sie ein Pfandsystem für Einwegplastikflaschen einführen.
Das sei die einzige Möglichkeit, die auf EU-Ebene vorgegebene Sammelquote für Getränkeflaschen aus Kunststoff bis 2029 zu erreichen. Ziel sind 90 Prozent. „Bislang wurden keine Konzepte vorgelegt, die die Erreichung allein durch eine Steigerung der getrennten Sammlung plausibel erscheinen lassen.“ Das gelte auch für das Konzept der Wirtschaftskammer, hält Gewessler in ihrer Anfragebeantwortung fest. Die Kammer schlägt eine Adaptierung des bestehenden Sammel- und Recycling-Angebots vor. Außerdem betont Generalsekretär Karlheinz Kopf, dass einige Bundesländer schon heute die vorgegebenen Sammelquoten erreichen. Dazu zählt Vorarlberg. Wien ist hingegen weit davon entfernt. Gewessler meint dazu: „Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen 20 Jahre ist es nicht realistisch, in dicht verbauten städtischen Gebieten dieselben Quote zu erreichen wie in ländlichen Regionen.“ Abfallanalysen würden zeigen, dass sich in städtischen Regionen 14,9 Kilogramm Kunststoffverpackungen pro Einwohner im Restmüll befinden, in ländlichen Regionen seien es nur 5,1 Kilogramm.
Zwölf Millionen weniger Steuern
Werden Kunststoffverpackungen nicht wiederverwertet, könnte das teuer werden. Die geplante EU-Plastiksteuer sieht vor, 80 Cent pro Kilo nicht recyceltem Plastik zu verrechnen. In Österreich wurden im vergangenen Jahr 302.000 Kunststoffverpackungen in den Verkehr gesetzt und nach der neuen EU-Berechnungsmethode rund 25 Prozent recycelt, sagt Gewessler. Die Plastiksteuer läge damit bei rund 180 Millionen Euro. Mit der Einführung eines Pfandsystems auf Einwegflaschen würde die Quote laut Umweltressort auf 30 Prozent steigen. Der österreichische Beitrag zur Plastiksteuer würde um etwa zwölf Millionen Euro sinken.
Ob es überhaupt so weit kommen kann, ist offen. Auf eine Verhandlung am 2. Juni folgten fünf Arbeitskreise mit Vertretern von Abfüllern, des Handels, von Entsorgern, Sammel- und Verwertungssystemen sowie der öffentlichen Hand und Zivilgesellschaft, wie Gewessler berichtet. Die Einführung eines Pfandsystems sei nun geboten. An der konkreten Ausgestaltung werde gearbeitet. Auf einen Zeitraum wollte sich das Umweltressort auf VN-Nachfrage nicht festlegen. Eine Einigung mit der ÖVP steht noch aus.
ÖVP “ergebnisoffen”
Laut dem Staatssekretär im Ministerium, Magnus Brunner (ÖVP), läuft ein ergebnisoffener Prozess, um die beste Option zur Erreichung des EU-Ziels zu finden. Die ÖVP möchte – wie ihr Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager erklärte – ohne neuem Pfandsystem die Sammelquote erhöhen. Ein Einwegpfand auf Plastikflaschen würde Wirtschaft und Konsumenten unnötig belasten und sei aus gutem Grund im Regierungsprogramm verhindert worden, meint Wirtschaftskammer-Generalsekretär und ÖVP-Mandatar Kopf.
Eine Schätzung für den österreichischen Markt zeigt, dass ein Pfandsystem für Kunststoffflaschen und Dosen vier Millionen Euro kosten würde. „Es wurden jährliche Betriebskosten von rund 63 Millionen Euro ermittelt sowie Erlöse von 59 Millionen“, erklärt Gewessler. Die Differenz müssten die Abfüller finanzieren, meint sie. Brunner hingegen sagt: „Wer welche Kosten in welcher Höhe tragen wird müssen, wird vom gewählten Modell abhängig sein.“