Vorarlberger Wirte wollen keine Sheriffs sein

Empörung über Vorstoß des Innenministers. Tourismusministerin spricht von Absurdität.
Wien Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) möchte die Polizei nicht zu den Wirten schicken, um zu kontrollieren, ob deren Gäste auch tatsächlich “freigetestet” sind. Das sollen die Gastronomiebetriebe selber tun. Nicht nur Vorarlberger Branchenvertreter reagieren entsetzt auf diese Ankündigung. Auch Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) widerspricht der Darstellung ihres Regierungs- und Parteikollegen. Es wäre absurd, die Kontrollen den Gastronomen aufzubürden, teilt ihr Ministerium in einer Stellungnahme mit.
Am Ende entscheidet Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), wer am Ende kontrollieren muss. Er lässt am Montag lediglich wissen, dass an den rechtlichen Grundlagen noch gearbeitet werde.
Freitesten aus dem Lockdown
Hintergrund der Debatte ist der dritte Lockdown. Er endet nur für jene Personen am 17. Jänner, die sich “freitesten” lassen. Für alle, die keinen freiwilligen Coronatest machen, gilt der Lockdown bis 24. Jänner. In der Woche bis dahin ist ein Einkauf im Handel oder der Besuch von Gastronomiebetrieben nur möglich, wenn die Kunden einen negativen Covid-Test vorweisen können. Die Einhaltung dieser Regeln soll laut Nehammer aber nicht die Polizei kontrollieren. Der Innenminister erklärt, dass dafür die Unternehmer selbst zuständig sein könnten, oder die Wirtschaftskammer und das Arbeitsinspektorat.
Gastronomen empört
Der Vorarlberger Gastronom und Spartenvertreter Stefan Köb verwehrt sich dagegen, zu den “Sheriffs der Regierung” gemacht zu werden. “Wir müssen schon froh sein, wenn wir Gäste haben.” Unverständnis herrscht auch bei Hotelier und Spartenobmann Markus Kegele. Der Wirt könne nicht kontrollieren, ob alle seine Gäste freigetestet sind. “Wie soll er das tun?” Eine Antwort auf diese Frage habe er bislang noch nicht bekommen, kritisiert Kegele. Marcel Lerch, Betreiber mehrerer Lokale im Rheintaler Unterland, fühlt sich von Nehammers Vorstoß überrumpelt. “Wir kennen noch nicht einmal den Zeitpunkt, wann wir wirklich wie aufmachen dürfen”, sagt er. Es ist noch unklar, welche Auflagen oder Sperrstunden die Politik der Gastronomie auferlege. Die Registrierungspflicht bleibe wohl bestehen. “Es kann aber nicht sein, dass auch noch solche Kontrollen zu unserer Aufgabe gemacht werden”, wehrt sich Lerch. Am Ende müssten dann nämlich alle Unternehmer und Händler ihre Kunden auf Einhaltung der Quarantänevorschriften prüfen, sagt der Wirt. Das könne nicht Sinn der Sache sein.
Gesundheitsbehörden am Zug
Tourismusministerin Köstinger teilt diese Meinung. Es wäre absurd, Kontrollen den Betreibern von Lokalen aufzubürden, heißt es in ihrem Ressort. Und: “Es wurde bereits klargestellt, dass die Kontrolle auf negative Coronatests nicht Aufgabe der Gastronomen sein wird.” Das sei Aufgabe der Gesundheitsbehörden. Sollten diese Unterstützung benötigen, könne die Polizei Stichprobenkontrollen durchführen.
Grundsätzlich ist es laut Tourismusministerium eine Frage der Praktikabilität: “Während es zum Beispiel bei Veranstaltungen oder in der Hotellerie kein Problem sein sollte, den negativen Test beim Einchecken vorzuweisen, stellt sich die Situation zum Beispiel in der Gastronomie gänzlich anders dar.”
Warten auf Details
Wie die Details zum Freitesten aussehen werden, klärt sich in den kommenden Tagen. Die Bundesregierung hat bisher nur den groben Plan dafür präsentiert.
Matthias Rauch, Birgit Entner-Gerhold
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