Transparenz und Fakten
Es ist noch ein langer Weg. Bis Dienstagabend haben 1,77 Prozent der Vorarlberger Bevölkerung die erste von zwei Corona-Teilimpfungen erhalten. Die herbeigesehnte Herdenimmunität tritt frühestens ab 60 Prozent Impfquote ein. Im Vergleich mit allen anderen österreichischen (und auch deutschen!) Bundesländern sind die 1,77 Prozent zwar der deutliche Spitzenwert, doch solche Vergleiche sind aktuell noch viel zu mühsam: offizielle Impf-Dashboards gibt es in Österreich noch nicht und die Bundesländer sind unterschiedlich zurückhaltend mit der Veröffentlichung. Man könnte sagen: manche noch zurückhaltender als mit den Impfungen selbst.
Die Vorarlberger Nachrichten starten deshalb eine Transparenzinitiative und veröffentlichen ab heute täglich die Impfzahlen. Für Vorarlberg in der täglichen Printausgabe und darüber hinaus für alle österreichischen Bundesländer online unter vn.at/impftracker.
Die offiziellen Stellen – allen voran Gesundheitsministerium, aber auch die Länder sind aufgerufen, viel offensiver zu informieren: welche Altersgruppen sind zu wie viel Prozent bereits geimpft, welche Berufsgruppen wurden vorgezogen?
Logisch, dass derzeit noch medizinisches Personal ganz oben auf der Prioritätenliste steht – und man freut sich ja über jeden Geimpften, seien es gefährdete Mitarbeiter an der Front in den Covid-Stationen – und halt auch jene, die verhältnismäßig sicher an Gesundheitshotlines sitzen.
Das Verständnis wird auf eine harte Probe gestellt, wenn es nur den Hauch eines Anscheins gibt, dass die Reihenfolge über den Haufen geworfen wird. Oder dass es einzelne Glückliche gibt, die aufgetaute Impfreste auffangen können.
Alle Verantwortlichen müssen aktuell extrem vorsichtig sein: Es ist jetzt eine kritische Phase, in der es gilt, Leben zu retten und Risikogruppen zu schützen. Wir müssen verstärkt auch Menschen Zugang zu Fakten verschaffen, damit sie nicht auf Falschmeldungen auf sozialen Medien reinfallen, die längst widerlegt sind.
Nein, die Impfung macht nicht unfruchtbar, was sich vor allem unter jungen Frauen hartnäckig hält. Andere meinen, alleine Sport und gesunde Ernährung reiche als Schutz (nicht richtig) und bezweifeln, dass in wenigen Monaten eine Impfstoffentwicklung überhaupt möglich sei (widerlegt). Und ja, der turkmenische Präsident glaubt, mit Lakritze könne man Covid-19 heilen.
Und während man selbst wenig mehr herbeisehnt, als die Corona-Impfung von allen in der Risikogruppe – und natürlich auch die eigene Impfung, sobald man an der Reihe ist – senden Vorarlbergs Pflegerinnen und Pfleger aus den Heimen ein verheerendes Signal aus.
100 Prozent der Heimpfleger haben – Stand heute – eine Corona-Schutzimpfung angeboten bekommen. Und nur eine Minderheit, 30 Prozent, haben laut offiziellen Angaben der zuständigen Landesrätin Katharina Wiesflecker dieses Angebot angenommen. Klarer formuliert: 70 Prozent sagen zur Corona-Schutzimpfung schlichtweg zum aktuellen Zeitpunkt „Nein, danke!”. Eine Bankrotterklärung in Sachen Verantwortung und Zusammenhalt – auch den betagten Bewohnerinnen und Bewohnern gegenüber, die sich übrigens zu 80 Prozent impfen lassen.
Die Verantwortlichen auf allen Ebenen sind aufgerufen, unermüdlich aufzuklären und Ärztinnen und Ärzte ins Rampenlicht zu rücken, um Bedenken ausräumen zu können.
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