Auftakt für die Arbeit an Kurzarbeit Phase vier

Gespräche über Nachfolgeregelung starten kommende Woche.
Schwarzach Die Arbeit an einem weiteren Kurzarbeits-Modell beginnt kommende Woche, sagt Arbeitsminister Martin Kocher bei Vorarlberg Live. Außerdem spricht er über Impfanreize, Zumutbarkeitsbestimmungen und Pläne für ein neues Beschäftigungsprojekt.
Sie sind seit Montag im Amt. Was hat Sie am meisten überrascht?
Gar nicht so viel. Aber es werden sicher noch unerwartete Dinge auf mich zukommen. Ich kenne das politische Geschäft von außen als Berater, aber von innen ist es doch ein wenig anders.
Mit welchem Regierungsmitglied hatten Sie diese Woche am meisten Kontakt?
Ich habe mit relativ vielen gesprochen. Die Fragen, die auf uns zukommen, betreffen aber vor allem den Standort, die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Da ist natürlich die Achse zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsressort eine sehr wichtige.
Es gibt über eine halbe Million Arbeitslose in Österreich. Wie würden Sie Vorarlberg in dieser Gemengelage analysieren?
Vorarlberg ist als Standort gut diversifiziert, spürt aber auf Grund der Schließungen des Tourismus die Arbeitslosigkeit stärker. Die Strategie, die wir brauchen, ist aber für ganz Österreich ähnlich. Als erster Schritt ist die Abfederung der hohen Arbeitslosigkeit durch die Kurzarbeit nötig. Und als zweiter Schritt – wenn die Schließungen vorbei sind, es die Impfungen gegeben hat und wir im Frühjahr hoffentlich wieder relativ normale Geschäftstätigkeiten haben – müssen wir möglichst rasch Beschäftigung schaffen. Als dritter Schritt wird es notwendig sein, in Richtung Qualifizierung zu handeln, weil die Krise den Strukturwandel beschleunigt hat.
Sie rechnen also nicht damit, dass sich gewisse Bereiche in der Digitalisierung wieder auf das Vorkrisen-Niveau zurückbewegen?
Es hätte auch ohne Krise eine Veränderung gegeben, aber jetzt wird sie sicher stärker sein. Es heißt nicht, dass die Welt nach der Krise eine andere ist. Es wird gewisse Dinge geben, zu denen wir zurückkommen, aber es gibt natürlich auch gewisse Dinge, die sich etwa im Bereich der Digitalisierung eingeübt haben. Und es werden gewisse Strukturveränderungen auch weiterhin gültig sein, zum Beispiel im Pflegebereich, wo wir wissen, dass der Arbeitskräftebedarf groß ist.
417.113 Menschen sind derzeit in Kurzarbeit. Die aktuelle Phase dauert bis März. Es scheint aber unausweichlich, dass die Kurzarbeit verlängert wird.
Ich möchte hier nicht vorgreifen. Wir werden uns aber ab nächster Woche vorbereiten und mit den Sozialpartnern Gespräche führen, wie eine Nachfolgeregelung aussehen wird, wenn sie notwendig ist. Im Moment hängt viel davon ab, wie die weitere Strategie bei den Schließungen aussehen wird. Und es wird sicher auch nach der Zeit der Coronakrise eine Kurzarbeitsregelung geben, allerdings nicht mehr mit dieser spezifischen Ausgestaltung.
Kurzarbeit war sicherlich das Instrument, das für die Betriebe arbeitsmarktpolitisch für Stabilität gesorgt hat.
Ja. Wir haben zwei große Fundamente der Krisenbewältigung: am Arbeitsmarkt die Kurzarbeit, auf der anderen Seite die Liquidität für Unternehmen durch Fixkostenzuschuss, Umsatzersatz, Stundungen und Haftungen.
Hat das Pendel in der Verteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer richtig ausgeschlagen?
Das ist schwer zu sagen. Wenn es keine Förderungen für Unternehmer gibt, dann wären viel mehr Unternehmen in die Insolvenz gekommen und das hätte Arbeitsplätze vernichtet. Die Zuordnung ist gar nicht so einfach. Die Diskussion über die Verteilungswirkungen dieser Krise wird erst nach der Krise geführt. Ich werde sie gespannt verfolgen. Sie betrifft mich aber nicht direkt, denn das ist dann eine Frage der Steuerpolitik.
Der Vorarlberger AMS-Chef Bernhard Bereuter hat uns diese Woche erklärt, das AMS bräuchte mehr Personal zur Betreuung der Klienten. Können Sie hier mehr Geld in Aussicht stellen?
Das werden wir uns ansehen müssen. Es wird ganz wichtig sein, eine effiziente und gute Arbeitsvermittlung bereitzustellen, um im Aufschwung möglichst rasch die Menschen in Beschäftigung zu bringen.
Sie haben diese Woche ein Beschäftigungsprojekt für Langzeitarbeitslose angekündigt. Was können Sie dazu schon zu sagen?
Noch nicht allzu viel. Meine Herangehensweise ist, dass wir versuchen, über kleinere Programme jenen zu helfen, die Schwierigkeiten haben, am ersten Arbeitsmarkt Beschäftigung zu finden. Das ist passgenauer als die Aktion 20.000, die damals sehr breitflächig angelegt war.
Wird es wieder eine enge Kooperation mit Gemeinden oder Vereinen geben?
Wir werden versuchen, uns mit Sozialpartnern, Ländern und Gemeinden eng abzustimmen, uns gut zu koordinieren und die richtigen Maßnahmen und Instrumente kontrovers zu diskutieren.
Wie viel kann man Arbeitslosen zumuten? Es werden immer weider Rufe laut, die Zumutbarkeitsbestimmungen zu lockern?
Es wäre jetzt etwas unangepasst, in einer Situation mit 50.000 offenen Stellen und 500.000 Arbeitslosen über die Zumutbarkeitskriterien zu sprechen. Im Moment würde eine Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien klarerweise keine Veränderung der Lage verursachen. Wenn es wieder einen Aufschwung gibt und genügend offene Stellen, dann kann man über alles diskutieren. Da geht es um vieles, auch um die Arbeitslosenentschädigung und verschiedene andere Regeln.
Sie sind Verhaltensökonom. Welche Anreize könnten insgesamt dabei helfen, die Menschen in Richtung Impfung und Testen zu bewegen?
Ich gehe davon aus, dass es sehr, sehr lange mehr Impfwillige geben wird als verfügbare Impfdosen. Wir werden uns vielleicht irgendwann im Sommer darüber Gedanken machen müssen, wie viele man noch überzeugen muss. Bis dahin wird die Impfung klar akzeptiert sein. Die Leute sehnen sich nach einer gewissen Normalität zurück. Und wenn sie geimpft sind, wissen sie, das hilft. Da braucht man keine großen weiteren Anreize zu setzen, außer den Zugang zu den Impfungen niederschwellig zu machen, ehrlich zu informieren und transparent zu sein. Bei den Tests ist es spannender, jetzt gibt es neue Testkonzepte in kleinerem Rahmen, für spezifische Gruppen geschneidert. Auch das ist gut, weil die Menschen hier eindeutig Vorteile sehen.