Regelbruch
Eine Pandemie wirkt wie ein Brennglas. Sie macht Defizite und Versäumnisse besonders sichtbar, sowohl in der Politik, in der Verwaltung, in der Bildung als auch bei den Menschen selbst. So ist es entlarvend, wie sich manche Menschen angesichts der Impfungen verhalten. Die einen drängen sich vor, wie die Bürgermeister von Feldkirch und Eberschwang, und ignorieren sämtliche von ihnen mitbeschlossenen Pläne. Es handelt sich zwar um bedauerliche Einzelfälle, doch kombiniert mit ähnlichen Gerüchten in Kärnten sind sie Wasser auf die Mühlen der Politikverdrossenen.
Garantie des Rechtsstaats
Die anderen brechen alle Regeln beim Demonstrieren gegen einen gar nicht existierenden Impfzwang. Vergangenen Samstag trafen sich Tausende ohne Abstand und Masken am Wiener Heldenplatz. Bei einem auftretenden Redner aus Deutschland ist bis heute nicht geklärt, ob er sich an die Quarantäne-Bestimmungen hielt. Die Polizei schritt jedenfalls nicht ein und sieht die Gesundheitsbehörden zuständig für die Einhaltung des COVID-Maßnahmengesetzes. So marschiert die Allianz von rechten Systemgegnern bis Verschwörungsanhängern und Coronaleugnern unbehelligt und mit wachsendem Selbstbewusstsein weiter.
In einer Demokratie haben wir das Recht, Regeln zu ändern, nicht sie zu umgehen.
Es ist zu hoffen, dass beide Ereignisse nicht ohne Konsequenzen bleiben. Denn sowohl politische Spitzenvertreter als auch unzufriedene Bürger dürfen nicht ungestraft Regeln brechen. Das ist die Basis, auf der unser Rechtsstaat und unsere Gesellschaft beruhen. In einer Demokratie haben wir das Recht, Regeln zu ändern, nicht sie zu umgehen oder zu ignorieren. Und wir haben das Recht, dass der Staat dies garantiert. Ungeachtet, ob die Strafe einen Bürgermeister trifft oder eine große Gruppe von Bürgern. Die USA zeigten die Folgen, wenn diesen Entwicklungen von Justiz oder Gesellschaft nichts entgegengestellt wird.
Aus dem Amt gejagt
Donald Trump fürchtete sich nicht vor Strafe – selbst bei Mord auf offener Straße, wie er im Wahlkampf prahlte. Beim Sturm auf das Kapitol fielen dann alle Hemmungen vor Uniformierten und Symbolen des Staates. Die Eindringlinge bewiesen so wenig Unrechtsbewusstsein, dass sie sogar für ihre eigenen Fahndungsfotos sorgten. Doch trotz dieses traurigen Bildes eines schwer bewachten Parlaments ist heute ein Tag der Freude. Mit der Angelobung von Joe Biden sind die Tage des Twitter-Gewitters eines Donald Trump vorbei. Diesmal wird er sich ohne große Show von der Bühne verabschieden müssen. Seine geliebten digitalen Netzwerke haben ihn gesperrt, das Pentagon ihm eine Party verweigert, die Übergabe an seinen Nachfolger schwänzt er aus eigenem Entschluss. Die Welt atmet auf. Die Wähler haben den Regelbrecher am Ende doch vom Platz gejagt. Und mit Corona schaffen wir das auch noch.
Kommentar