Darum sehen Vorarlberger Experten in den USA eine neue Ära

Historiker Bischof und Politologe Crepaz: Auf Biden kommen viele Herausforderungen zu.
new orleans, athens „Der Kontrast zwischen US-Präsident Joe Biden und seinem Vorgänger Donald Trump könnte nicht größer sein“, sagt Günter Bischof (67). Der ursprünglich aus Mellau stammende Historiker, der an der University of New Orleans lehrt, verweist in diesem Zusammenhang auf die langjährige politische Erfahrung Bidens. Der Demokrat war 35 Jahre lang Senator, bevor er unter Barack Obama als Vizepräsident tätig war. „Trump hatte hingegen überhaupt keine Erfahrung. Er hat bei der Wahl 2016 einfach sein Glück versucht.“ Darüber hinaus sei der Politikstil der beiden Männer komplett unterschiedlich, was sich beispielsweise beim öffentlichen Gedenken des neuen Präsidenten für die rund 400.000 Corona-Todesopfer in den USA gezeigt habe. „Biden vermittelte Empathie, was Trump vorher niemals gemacht hat. Aus meiner Sicht ist das Versagen des vorherigen Präsidenten in der Pandemie ohnehin einer der Hauptgründe, wieso er nicht wiedergewählt wurde.“ Biden hingegen habe sich den Kampf gegen Covid-19 als eine der ersten Amtshandlungen vorgenommen.

Trump ohne Twitter
Die US-Gesellschaft sei tief gespalten, so der Experte. Diesbezüglich komme auf Biden eine schwierige Aufgabe zu. Immerhin hätten an die 70 Millionen Amerikaner Trump gewählt. Der frühere Präsident sei auch nicht müde geworden, entgegen jedes Beweises und trotz anderslautender Gerichtsurteile von Wahlschwindel zu sprechen. „Die Menschen, die am 6. Jänner das Kapitol gestürmt haben, waren aber sicher eine radikale Minderheit unter den Trump-Wählern.“ Es bleibe abzuwarten, ob er seine Fans auch ohne Twitter-Kanal erreichen kann.

Europa kein Feind mehr
Auch nach Meinung des aus Nenzing stammenden Markus Crepaz (61), Professor für Politikwissenschaften an der University of Georgia, steht Joe Biden vor riesigen Herausforderungen. „Das Impeachement gegen Trump ist wichtig, aber es darf Trump nicht die Möglichkeit geben, in die Opferrolle zu schlüpfen. 70 Prozent der republikanischen Wähler glauben immer noch an das Märchen von der gestohlenen Wahl. Biden kann nur mit absoluter Transparenz und Seriosität punkten.“
Auf Europa sieht Crepaz im Bezug auf die USA viel bessere Zeiten zukommen. „Trump hat Europa als einen Feind der USA bezeichnet. Das muss man sich einmal vorstellen. Unter Biden wird das natürlich völlig anders sein. Gewisse Grundhaltungen werden aber bleiben, zum Beispiel die amerikanische Forderung nach mehr Verteidigungsausgaben der Europäer.“ Österreich werde als Teil der EU von den besseren Beziehungen profitieren. Keine Vorteile hätten hingegen autokratisch ausgerichtete Staatenführer wie Orban in Ungarn und Kaczinsky in Polen. „Denen ist mit dem Normbrecher Trump das Vorbild abhanden gekommen“, sagt Crepaz.