Vergeblicher Protest

Heftige Kritik an Abschiebung von Schülerinnen in Wien auch aus Vorarlberg.
wien, schwarzach 2018 fand sich der Mittelpunkt der österreichischen Asylpolitik plötzlich in Sulzberg. Eine gut integrierte Familie mit abgelehnten Asylverfahren sollte abgeschoben werden. Mitten in der Nacht stand die Polizei vor der Tür. Szenen, die sich nun in Wien wiederholten. Die Polizei schob drei Schülerinnen samt Familie nach Georgien und Armenien ab. Auch der Protest von 160 Personen vor dem Abschiebezentrum nützte nichts.
In Österreich geboren
Im Mittelpunkt steht eine zwölfjährige, in Österreich geborene Schülerin, die von der Fremdenpolizei zu Wochenbeginn mit ihrer Mutter und der fünfjährigen Schwester in das Abschiebezentrum gebracht wurde. Schulkollegen und Lehrer plädierten vergeblich für ein Bleiberecht. Die Familie soll sich seit vier Jahren unrechtmäßig im Land befunden haben. In der Nacht auf Donnerstag erfolgte die Abschiebung. Er sei zwar vom Schicksal der Kinder betroffen, rechtfertigte sich Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) auf Ö1. Doch die Polizei habe die Aufgabe, höchstgerichtliche Entscheidungen umzusetzen. Während auch die FPÖ Verständnis zeigte, reagierten SPÖ, Neos und die Grünen mit Kritik. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bezeichnete die Abschiebungen als unmenschlich und unverantwortlich. „Ich kann und will nicht glauben, dass wir in einem Land leben, wo dies in dieser Form wirklich notwendig ist“, kommentierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
In Vorarlberg erklärte Grünen-Chef und Landesrat Johannes Rauch: „Auf der menschlich-emotionalen Seite ist die Sache klar. Kinder und Jugendliche, die eine Ausbildung machen und gut integriert sind, sollen hierbleiben dürfen.“ Rechtlich handle es sich um ein Dilemma. Rauch fordert, das humanitären Bleiberecht wieder zur Ländersache zu machen. Auch Landeshauptmann und ÖVP-Chef Markus Wallner verwies in „Vorarlberg Live“ auf dieses Instrument. „Wir hatten früher beim humanitären Bleiberecht etwas mehr Spielraum, bei den Bezirkshauptmannschaften, bei den Ländern auch andere Gesichtspunkte als reine rechtsstaaliche Entscheidungen mit in die Betrachtung zu ziehen.“
In Vorarlberg ist aktuell kein Fall bekannt, berichtet Bernd Klisch von der Caritas Flüchtlingshilfe. „Familienabschiebungen hat es schon seit vielen Monaten nicht mehr gegeben.“ Im Fall in Wien wundere er sich, dass Kinderrechte wenig berücksichtigt werden. „Man muss sich überlegen, was das für ein Kind bedeutet, das hier geboren und aufgewachsen ist.“ Der Bregenzer Anwalt Ludwig Weh ärgert sich: „Mir kommt vor, je besser jemand integriert ist, desto größer die Chance, abgeschoben zu werden.“ Weh vertritt auch den Lustenauer Lehrling Qamar Abbas.
Neue Verhandlung
Als 2018 die Abschiebung von Abbas nach Pakistan drohte, formierte sich Protest. Das Bundesverwaltungsgericht hob den Abschiebebescheid auf, abgeschoben wurde er dennoch. Vor einem Jahr stufte der Verwaltungsgerichtshof die Aktion als rechtswidrig ein. Nun steht eine neue Verhandlung an, bei dem das Gericht Qamar Abbas gerne dabei hätte. Anwalt Ludwig Weh ergänzt: „Aber niemand will ihn reinlassen.“ Außerdem hat Weh die Republik auf Amtshaftung verklagt. Abbas möchte zurück, seine Gastronomie-Lehre sofort wieder aufnehmen. Dass es auch anders geht, zeigt ein Fall in Bregenz. Dort war eine gut integrierte Familie von Abschiebung bedroht. Nach einer Ausreise und einem Antrag auf Rot-Weiß-Rot-Karte durfte die Familie wieder einreisen. Auch die Sulzberger Familie durfte am Ende bleiben.

Asylzahlen 2020
394 Personen kamen nach Vorarlberg (Stichtag: 23. Dezember). Bei dieser Zahl handelt es sich um jene Menschen, die Grundversorgungsleistungen beziehen.
505 Personen befinden sich in der organisierten Betreuung.
184 Menschen haben einen positiven Asylbescheid erhalten.
125 Menschen bekamen einen Bescheid für subsidiären Schutz.