AstraZeneca zugelassen – mit Fragezeichen

Impfstoffzulassung lässt Fragen offen. Verwendung für Über-65-Jährige wird erst geklärt.
Amsterdam Der Coronaimpfstoff von AstraZeneca darf nun auch in der Europäischen Union genutzt werden. Die Kommission folgte damit am Freitag der Empfehlung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) einer bedingten Marktzulassung für Personen ab 18 Jahren – ohne Altersobergrenze. Die Behörde wies aber darauf hin, dass zur Wirksamkeit des Präparats bei älteren Menschen noch weitere Daten geliefert werden müssen. Ähnliche bedingte Marktzulassungen gelten auch für beiden zuvor zugelassenen Impfstoffe.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grünen) stimmt die Entscheidung positiv. Das teilen sie in einer gemeinsamen Aussendung mit: „Die EMA sieht beim Impfstoff von AstraZeneca grundsätzlich eine gute Wirkung und Verträglichkeit.“ Nun müsse geklärt werden, ob das Mittel auch für ältere Menschen geeignet ist. Nur acht Prozent der Studienteilnehmer bei AstraZeneca waren zwischen 56 und 69 Jahre alt, drei bis vier Prozent über 70 Jahre. Kurz und Anschober ersuchten nun das Nationale Impfgremium, bis Sonntag zu bewerten, für welche Altersgruppe der Impfstoff verwendet werden kann und ob man bei gewissen Gruppen weitere Daten abwarten muss. Am Montag werde mit den Ländern die weitere Vorgehensweise abgestimmt.
Fast alles fließt in Zweitimpfungen
Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) fiebert den Empfehlungen des Impfgremiums entgegen. „Sie sind ganz entscheidend, weil sie unmittelbare Auswirkungen auf den nationalen und den Vorarlberger Impfplan haben.“ Ohne AstraZeneca geraten die Impfungen im Land ins Stocken. Zwar werden im Februar wöchentlich rund 3500 Dosen von Biontech/Pfizer erwartet, allerdings werden diese komplett für Zweitimpfungen verwendet. Mit dem Impfstoff von Moderna können im Februar gerade einmal 600 Personen erstgeimpft werden, vorausgesetzt, die Impfdosen werden geliefert. Am Freitag kursierten Gerüchte, wonach die Liefermengen von Moderna vorerst um 20 Prozent geringer sein könnten.
Keine schweren Erkrankungen
Der Impfstoff von AstraZeneca erwies sich in klinischen Studien als sicher und wirksam. Mehr als 14 Tage nach der zweiten Dosis habe es keine schweren Fälle und keine Krankenhauseinweisungen bei Covid-Erkrankungen gegeben. Produziert wird in Europa. Im Februar werden in Österreich 343.547 Dosen erwartet. Das wären rund 15.500 für Vorarlberg.
Als weltweit erstes Land hatte Großbritannien den Impfstoff von AstraZeneca zugelassen. Eine Notfallgenehmigung gab es unter anderem auch in Indien, Argentinien, Mexiko und Marokko. Die Europäische Kommission hat einen Kaufvertrag über bis zu 400 Millionen Dosen unterschrieben. Allerdings ist ein Streit wegen Lieferproblemen entbrannt. Brüssel stört sich unter anderem daran, dass AstraZeneca den Impfstoff an Großbritannien und andere Nicht-EU-Staaten ungekürzt liefert, während AstraZeneca für die EU drastische Kürzungen ankündigte. Der Pharmakonzern begründet dies mit einem früheren Vertragsabschluss anderer Staaten. Für die Charge der EU seien Produktionsengpässe entstanden. Die Kommission verweist auf vertragliche Verpflichtungen. Am Freitag hat sie den Rahmenvertrag offengelegt.
Die EU-Kommission hat zusätzlich eine Ausfuhrgenehmigungspflicht beschlossen. Alle Pharmakonzerne, die mit der EU Lieferverträge über Corona-Impfstoffe abgeschlossen haben, müssen demnach künftig Lieferungen an Drittstaaten anmelden. Exporte können somit überwacht und gegebenenfalls beschränkt werden.
Novartis unterstützt Biontech
Biontech erhält nun Unterstützung bei der Impfstoffproduktion. Nach dem französischen Konzern Sanofi sagte auch Novartis zu, deren Produktionskapazitäten in der Schweizer Gemeinde Stein zur Verfügung zu stellen. Die Basler Firma will die Produktion im zweiten Quartal aufnehmen. Erste Auslieferungen seien im dritten Quartal möglich.