Kein Freispruch für Trump
Donald Trump war vor dem Washingtoner Parlament wegen des „demokratiefeindlichen Verbrechens“ der „Anstiftung zum gewaltsamen Umsturz“ angeklagt worden. Am Wochenende haben jetzt auch die Mitglieder der zweiten Kammer des Kongresses ihr Urteil gesprochen. Seitdem feiert der Ex-Präsident „Freispruch“ und „festgestellte Unschuld“. Doch wie zu erwarten, lügt Trump.
In Wahrheit wurde er zweifelsfrei zwei Mal begangener Straftaten überführt: Am 13. Januar im Repräsentantenhaus mit 232 zu 197 Stimmen und am 13. Februar mit 57 zu 43 Stimmen. Nach den ehernen Regeln der Demokratie sind das klare Mehrheiten, aber die Senatoren dehnten die Wahrheit. Sie definierten „Mehrheit“, was die Senatsregeln zulassen, als Zweidrittel-Messlatte für eine Verurteilung.
Diese Mehrheits-Interpretation besudelt das weltweite Ansehen der USA als demokratischer Rechtsstaat. Und wenn die Washingtoner Politik anderen Regierungen notfalls mit Gewalt die Beachtung demokratischer Grundregeln „beibringen“ will, muss sie sich die Frage gefallen lassen: „Und wie haltet ihr es mit der Demokratie?“ Zu den Grundregeln der Demokratie gehört auch, dass Volksvertreter „frei nach Recht und Gewissen“ entscheiden sollen. Doch die Mehrheit der Trump-Partei handelte gewissenlos: Die Debatte zeigte auch für sie unwiderlegbar, was alle Menschen in den USA in Endlosschleife vor den Fernsehschirmen miterlebten: Dass Trump das Ergebnis der Präsidentschaftswahl nicht akzeptierte, er widerrechtlich eine Wahlfälschung zu seinem Gunsten verlangte, und er seine Anhänger zur gewaltsamen Erstürmung des Parlaments aufrief. Dokumentiert wurden auch die Todesängste der als Geiseln genommenen Parlamentarier und fünf Todesfälle.
Aus Angst vor der Rache des faschistischen Trump-Pöbels negierten die republikanischen Senatoren die eindeutige Schuld ihres Anführers: Ein abgewählter Präsident könne nicht für im Amt begangene Straftaten belangt werden.
Putschist Trump mag sich als Sieger feiern und sich und seiner radikalen „Bewegung“ eine goldene Zukunft versprechen. Derweil steht der neue US-Präsident Joseph Biden vor der Herkulesaufgabe einer Restaurierung der traditionellen demokratischer Werte. Die Hoffnungen sind berechtigt, dass dem neuen Mann in Weißen Haus die Überwindung vierjährigen Ära der Schande gelingen wird. Das Land und die Welt haben es verdient.
„Aus Angst vor der Rache des faschistischen Trump-Pöbels negierten die Republikaner die Schuld ihres Anführers.“
Peter W. Schroeder
berichtet aus Washington, redaktion@vn.at