Rabenschwarze Tage
Die ÖVP hat schwere Tage hinter sich. Arbeitsministerin Christine Aschbacher ist schon Geschichte, Wirtschaftsministerin Margarethe Schramböck verteidigt noch Steuergeldverschwendung für eine untaugliche Internetplattform. Innenminister Karl Nehammer überstand die Premiere von gleich zwei Misstrauensanträgen in einer Sondersitzung und soll nun rasch einen funktionierenden Verfassungsschutz auf die Beine stellen. Finanzminister Gernot Blümel musste seine Haustür der Korruptionsstaatsanwaltschaft öffnen und sich ebenfalls gegen ein Misstrauensvotum wehren.
Es gelang ihm mit Unterstützung der Grünen. Klubchefin Siegrid Maurer stellt der ÖVP aber die Rute ins Fenster, wenn sie den sofortigen Rücktritt bei Anklage verlangt. Als zusätzliche Forderungen nennt sie die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, die Entflechtung der staatlichen Glücksspielaufsicht und ein neues Parteienfinanzierungsgesetz inklusive Einsicht des Rechnungshofes. Alle diese Punkte finden sich bereits im Regierungsprogramm und müssten ohnehin umgesetzt werden. Das hat Maurer nicht erwähnt. Doch Sprache ist verräterisch. Kritisiert wird nicht Blümels Verhalten allein, sondern das System Kurz, das viele zu erkennen glauben. So sieht auch Maurer in den Attacken auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft den Beweis, „dass die Kanzlerpartei ein selektives Verhältnis zum Rechtsstaat hat“.
Klubchefin Maurer stellt der ÖVP die Rute ins Fenster, wenn sie den sofortigen Rücktritt bei Anklage verlangt.
Die ÖVP wählt eine doppelte Verteidigungsstrategie: Einerseits kündigt sie an umfassend zu klagen, was vor allem unbedachte Bürger im Internet treffen wird. Andererseits beendet sie ihre Ablehnung eines unabhängigen Bundesstaatsanwaltes als Spitze der Weisungskette an Stelle des Justizministeriums. Werner Kogler kann nun in seiner Funktion als Vertretungs-Justizminister nach der Kindeswohlkommission noch ein Expertengremium mit der Suche nach der besten Lösung beauftragen. Der Bevölkerung bleibt die Hoffnung, dass beide nicht nur zu unser aller Zeitvertreib Papiere für die Schublade verfassen.
Denn Verlierer gibt es nach diesen rabenschwarzen Tagen genug. Bundeskanzler Kurz und sein Team, die erst lernen müssen, mit Kritik umzugehen. Die Grünen, die zum wiederholten Mal im Nationalrat gegen ihre Grundsätze stimmen müssen. Die Regierung, die laufend an Rückhalt in der Bevölkerung verliert und damit auch die notwendige Autorität zur Bekämpfung der Pandemie. Und zuletzt litt das Ansehen der Justiz, die bisher als Säule der Gerechtigkeit und Unabhängigkeit galt. Ein Rat daher an alle Parteien wäre die Einsetzung eines Arbeitskreises zur Rückgewinnung des Vertrauens in die Politik und zur Kultivierung von sachlichen Auseinandersetzungen.
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.
Kommentar