Mutanten fordern Gastro heraus

Keine Entwarnung trotz geringer Infektionszahlen in Vorarlberg.
Wien, Schwarzach Es ist, als würde man mit angezogener Handbremse Autofahren. So beschreibt Manuela Greber, Chefin des Dornbirner Café Galeria, die aktuelle Lage. Ihr fehlt die Perspektive. Ob die Gastronomie nun doch vor Ostern aufsperren darf, weiß niemand. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat dies in Aussicht gestellt und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) daraufhin wieder gebremst. Denn im Osten Österreichs steigen die Infektionszahlen wieder an. Nur in Vorarlberg und Tirol liegen die registrierten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche noch deutlich unter 100.
Vorarlberg schafft es derzeit auf 57. Diese Woche könnte die Ampel für das Bundesland sogar auf Orange geschaltet werden. „Es ist aber noch zu früh, Entwarnung zu geben“, sagt Landessanitätsdirektor Wolfgang Grabher. Für Lockerungen müssten die Werte noch länger konstant sein. Früher oder später würden die Zahlen wieder steigen, ist Gesundheitsexperte Armin Fidler überzeugt. Dennoch wären gewisse Öffnungsschritte möglich, sagt er. Nahezu alles im Freien sei unter bestimmten Vorgaben unproblematisch; zum Beispiel offene Gastgärten.
19 Prozent in Vorarlberg „britisch“
Österreichweit haben sich in der vergangenen Wochen mehr als 130 Personen pro 100.000 Einwohner mit dem Coronavirus angesteckt. Die Werte in Tirol (80,5) und Vorarlberg (57) sind deutlich geringer. Dass testloses Ein- oder Ausreisen derzeit in beiden Bundesländern nicht möglich ist, trägt laut Fidler womöglich ein wenig dazu bei. Viel schwerer wiege allerdings, dass sich die neuen Virusvarianten noch nicht so stark wie im Osten ausgebreitet hätten. „Mit der viel höheren Infektiosität ist das Gewonnene schnell zerronnen“, erinnert der Gesundheitsexperte an Wien. Die Bundeshauptstadt wurde von der Ampelkommission vor zwei Wochen auf Orange gestellt. Jetzt leuchte die Ampel wieder Rot. Wien steht bei einer Inzidenz von 140.
In Tirol hat die südafrikanische Variante zwar zugeschlagen. Allerdings wurde sie relativ früh entdeckt. Die Ausbreitung sei daher langsamer, sagt Fidler. Nach Vorarlberg hat es diese Mutation noch nicht geschafft; die britische Variante schon. Aktuell wird sie laut Landessanitätsdirektion bei knapp 19 Prozent der positiv getesteten Fälle nachgewiesen. „Vorarlberg ist keine Insel“, sagt Fidler. Die Inzidenz werde irgendwann wieder zunehmen.
Keine Entwarnung
Auch Landessanitätsdirektor Grabher ist vorsichtig. Erst wenn sich die Zahlen rund zehn Tage stabil hielten, gebe es einen kleinen Anlass zur Freude. Das sei auch für etwaige Lockerungen ausschlaggebend. Darüber habe am Ende aber die Politik zu entscheiden.
Fidler betont, dass „bei all den Dingen, die sich draußen abspielen“ ein wenig gelockert werden könnte. Gastgärten aufzusperren, wäre kein Problem; ebenso wenig Vereinssport im Freien, sagt der Experte. Auch in Hotels sei das Ansteckungsrisiko bei klugen Konzepten begrenzt, ist er überzeugt. Gastronomen und Hoteliers wünschen sich zwar nichts sehnlicher als die alte Normalität; vor allem aber Planungssicherheit. „Wir wollen nicht immer kurzfristig vertröstet werden“, sagt Galeria-Chefin Greber.

Ich verstehe schon, dass man uns nicht mit einem Friseur vergleichen kann. Wir haben an einem Tag schnell einmal 500 Gäste. Und auch wenn wir aufs Aufmachen drängen: Solange die Grenzen zu und Testungen notwendig sind, wird uns einfach die Frequenz fehlen.
Öffnen bringt uns also viele Scherereien. Da wir einen Mindestumsatz brauchen, ist es für mich aktuell fast sinnvoller, geschlossen zu bleiben. Wenn wir aufsperren, fallen wir nämlich um die Hilfen um, verdienen gleichzeitig aber zu wenig, um zu überleben. Unter diesen Bedingungen muss ich sagen: Lasst uns lieber zu. Denn die Förderungen sind zwar auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin kalkulierbar.
Wir wollen nicht immer nur kurzfristig vertröstet werden. Das muss aufhören. Wir müssen planen können. Das heißt, wir brauchen praktisch umsetzbare und klare Vorgaben. Die aktuelle Lage ist, als würden wir mit angezogener Bremse Autofahren. Manuela Greber (53), Café Galeria, Dornbirn

Könnten wir aufsperren, würden wir das aber sicher machen, allein schon da wir alle schon seit vier Monaten zu Hause sitzen. Das Restaurant dürfte laufen. Beim Hotel ist es schwieriger, da die Frequenz vermutlich nicht ausreichen würde. Es wäre auch zu hinterfragen, ob die Grenze nicht öffnen müsste, wenn wir aufsperren dürfen.
Immerhin funktionieren die Staatshilfen bisher, die Kurzarbeit ist aber weiterhin sehr komplex. Mit ihr ist uns geholfen. Irgendwie klappt es derzeit noch.
Für uns stellt sich zusätzlich die Frage, ob und wie die Bregenzer Festspiele stattfinden oder wir früh genug wissen, ob und welches Ersatzprogramm kommt. Planungssicherheit ist derzeit einfach nicht gegeben, auch was die Vorschriften angeht. Martin Haim (32, links), Hotel Messmer, Bregenz