Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

Nerven bewahren

Politik / 16.03.2021 • 18:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Seit dieser Woche ist das grüne Regierungsteam wieder komplett. Am Montag kehrte Gesundheitsminister Rudolf Anschober aus dem Krankenstand zurück. Am Dienstag beendete Justizministerin Alma Zadić ihre Babypause. Beide hatten in ihrer Abwesenheit einiges auszuhalten, zum Beispiel Angriffe gegen Beamte ihres Ressorts von ihrem Koalitionspartner. Fair war es nicht, wann und wie die ÖVP ihre Kritik kommunizierte. In einer Auszeit stehen weder Pressesprecher noch Sachreferenten sofort zur Verfügung, um mit angebrachtem Tempo zu kontern. Wenn vorderhand Beamte kritisiert werden, sind immer auch zuständige Minister mitgemeint. Nicht zuletzt dürfte man in einer Koalition erwarten, dass sich ihre Vertreter auch über Parteigrenzen hinweg zunächst intern austauschen.

Anschober und Zadić behielten die Nerven und trieben den Konflikt innerhalb der Regierung nicht weiter voran. Sie widerstanden den wiederholten Provokationen der ÖVP, die mit den Koalitionsverhandlungen, wo die Grünen etwa auf die Frauenagenden verzichten mussten, begannen und sich mit der nächtlichen Abschiebung von gut integrierten Schulkindern oder der Ignoranz gegenüber Öffnungskonzepten im Kulturbereich fortsetzten. Den Grünen fehlt aber zur ihrer Geduld auch die Alternative. Denn ihre Chance nach einer vorgezogenen Neuwahl wieder als Koalitionspartner in Frage zu kommen ist ebenso minimal wie eine Mehrheit gegen ÖVP und FPÖ. Die grüne Parteispitze hat sich offenbar entschieden, in schwierigen Zeiten nicht von Bord zu gehen. Die Frage ist nur, ob das ihr gesamter Nationalratsklub, alle Landesorganisationen und vor allem ihre Wähler ähnlich sehen.

Dass diese Koalition aus zwei sehr unterschiedlichen Partnern besteht, machte zu Beginn auch ihren Reiz aus.

Die ÖVP allerdings sollte ebenso mehr Interesse an einer für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit zeigen. In einem Team profitiert selten ein Partner von einer dargestellten Schwäche des anderen. In einer Demokratie gesellt sich dazu die Gefahr, das Vertrauen in die gesamte Politik zu beschädigen. Die Skepsis in der Bevölkerung ist ohnehin bereits wieder groß: Nach der Veröffentlichung der SMS zwischen Bundeskanzler Kurz und seinem damaligen Vize Heinz-Christian Strache wissen wir, dass auch hinter einer inszenierten heilen Fassade die Fetzen fliegen.

Doch nicht jeder Konflikt muss gleich zur Trennung führen. Dass diese Koalition aus zwei sehr unterschiedlichen Partnern besteht, machte zu Beginn auch ihren Reiz aus. Schließlich sehnten sich die Österreicher nach Alternativen zu Rot-Schwarz und Türkis-Blau. Nun gilt es für Türkis und Grün die richtige Mischung zu finden zwischen eigener Positionierung und gemeinsamen Kompromissen. Über billige Ablenkungsmanöver auf Kosten des Regierungspartners freuen sich nur die Opposition und Demokratiegegner.

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.