Es gibt keine Liebe zweiter Klasse

Fassungslosigkeit über Vandale am Diözesanhaus in Feldkirch. Kardinal Schönborn wehrt sich gegen Ausgrenzung.
Wien Die halbe Regenbogenflagge ist weg. Die abgebrannten Fetzen, die am Fenster des Diözesanhauses in Feldkirch hängen, machen Corinna Peter sprachlos. Sie ist Vertreterin der „Jungen Kirche“ in Vorarlberg, welche die Fahne für „mehr Buntheit im Leben und in der Liebe“ angebracht hatte.
Damit wehrte sich die “Junge Kirche” gegen jene Erklärung der vatikanischen Glaubenskongregation, wonach gleichgeschlechtlichen Paaren kein Segen zusteht. Zahlreiche Pfarren taten es der “Jungen Kirche” gleich. So erstrahlt etwa in Weiler der Kirchturm in allen Regenbogenfarben. In Dornbirn brachten mehrere Pfarren Plakate an. Auch in Altenstadt und Hard demonstrierten die Kirchen mit einer Regenbogenfahne Zusammenhalt, ehe diese von Vandalen heruntergerissen oder abgebrannt wurden. “Es macht sprachlos”, meint Corinna Peter zu den “feigen Taten”. “Für uns gibt es keine Trennung zwischen Lebenseinstellungen, Hautfarben oder Religionen. Liebe ist Liebe. Wir hoffen, dass es irgendwann alle so sehen.”
Kardinal Christoph Schönborn äußert sich am Mittwoch via “Kathpress” erstmals zur Erklärung der vatikanischen Glaubenskongregation. Viele Menschen fühlten sich durch diese verletzt. Auch er sei unglücklich darüber: “Wenn die Bitte um den Segen ehrlich ist, für einen Lebensweg, den zwei Menschen, in welcher Situation auch immer, zu gehen versuchen, dann wird man ihnen diesen Segen nicht verweigern.”
Schönborn ortet Verletzte
Schönborn geht letztlich von einer einfachen Beobachtung aus: “Viele Mütter segnen ihre Kinder. Meine Mutter macht es immer noch bis heute. Ich gehe nicht weg von Zuhause, ohne dass sie mich segnet. Eine Mutter wird den Segen nicht verweigern.” Auch die Kirche sei immer zuerst Mutter, wenngleich sie lehren müsse. Ein Anliegen der Glaubenskongregation hält Schönborn aber für gerechtfertigt. Durch eine Segnungsfeier dürfe nicht der Eindruck entstehen, “dass hier eine sakramentale Ehe geschlossen wird”. Aber dieses “Ja” zur Familie dürfe nicht ein “Nein” zu allen anderen Formen werden.
Bischof Benno Elbs hält fest, dass er für eine Kirche stehe, in der alle Menschen Platz haben. Treue, Verlässlichkeit und Verantwortung seien auch in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ohne Abstriche wertzuschätzen. Homosexuelle Paare seien keine Christen zweiter Klasse, hält auch der Gurker Bischof Josef Marketz fest.
“Jesus hätte gehandelt”
Der Propst von St. Gerold, Martin Werlen, stellt in seinen “Gedanken zum Sonntag” in den VN die Frage, ob nicht vor allem dann Zweifel auftreten sollten, “wenn Menschen diskriminiert, verachtet oder übersehen werden – gleich welcher Glaubensgemeinschaft, gleich welcher Hautfarbe, gleich welchen Geschlechts sie sind – und die Kirche schweigt?” Schon Jesus habe Menschen am Rande der Glaubensgemeinschaft in die Mitte gestellt und sie anderen als Vorbilder präsentiert, sagt Werlen. Warum solle das heute anders ein?