Brasilien an der Belastungsgrenze

Politik / 26.03.2021 • 22:15 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Das Gesundheitssystem ist überlastet.

Das Gesundheitssystem ist überlastet.

Coronapandemie hat das Land fest im Griff. Früherer Präsident spricht von „Völkermord“.

brasilia In Brasilien verschlechtert sich die Coronasituation zunehmend. Im größten Land Lateinamerikas mit seinen 210 Millionen Einwohnern haben sich mittlerweile mehr 12,3 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Das Gesundheitsministerium meldete zuletzt mehr als 100.000 Neuinfektionen an einem Tag. Erst vor wenigen Tagen überschritt das Land die Marke von 300.000 Toten. Allein am Dienstag starben mehr als 3000 Menschen. Das Gesundheitssystem ist vielerorts überlastet oder sogar zusammengebrochen. Die große Sorge besteht nun darin, dass Medikamente, unter anderem zur Intubation von Covid-19 Patienten, zur Neige gehen könnten.

Experten führen die hohen Zahlen unter anderem auf eine Variante des Coronavirus (P.1) zurück, die zuerst bei Reisenden aus dem Amazonas-Gebiet im Jänner nachgewiesen wurde. „Diese neue Variante scheint eine größere Geschwindigkeit der Ansteckung zu haben. Die Fälle scheinen sich schneller zu entwickeln“, sagt der Epidemiologe Diego Xavier, der bei der Forschungseinrichtung „Fundação Oswaldo Cruz“ arbeitet. Die Variante wurde inzwischen auch in vielen anderen Ländern nachgewiesen. Sie muss nicht tödlicher sein. Die Impfstoffe von BioNtech/Pfizer und AstraZeneca wirken einer Studie zufolge besser gegen sie als angenommen. Aber wegen der vielen Infizierten sind die Krankenhäuser voll.

Der frühere Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bezeichnete die Folgen der Pandemie in seinem Land als „Völkermord“. Dem „Spiegel“ sagte er: „Am Dienstag sind in Brasilien 3158 Menschen an Covid gestorben, es ist der größte Genozid unserer Geschichte.“ Lula warf dem amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro vor, das Virus ein Jahr lang nicht ernst genommen und die Brasilianer angelogen zu haben. Tatsächlich hatte Bolsonaro die Gefahr lange Zeit heruntergespielt. Lula könnte den Rechtspopulisten bei der Präsidentschaftswahl 2022 herausfordern. Inzwischen hat Bolsonaro auf öffentlichen Druck reagiert und die Gründung eines Krisenkomitees angekündigt. In einer Fernsehansprache stellte er zuletzt in Aussicht, dass bis zum Jahresende die gesamte Bevölkerung geimpft sein werde. Davon ist das Land aber noch weit entfernt.

Lula fand deutliche Worte.

Lula fand deutliche Worte.

Präsident Bolsonaro steht unter großem Druck. Er hat das Virus lange verharmlost. AFP, AP, Reuters
Präsident Bolsonaro steht unter großem Druck. Er hat das Virus lange verharmlost. AFP, AP, Reuters

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