Historischer Prozess

Politik / 29.03.2021 • 22:39 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
An dem Ort, an dem George Floyd ums Leben kam, wird die Erinnerung an den 46-Jährigen wachgehalten. AFP
An dem Ort, an dem George Floyd ums Leben kam, wird die Erinnerung an den 46-Jährigen wachgehalten. AFP

Nach der Tötung des Afroamerikaners Floyd steht nun Ex-Polizist Chauvin vor Gericht.

minneapolis Fast ein Jahr nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in den USA hat das Hauptverfahren gegen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin begonnen. Ihm wird unter anderem Mord zweiten Grades vorgeworfen, worauf im Bundesstaat Minnesota bis zu 40 Jahre Haft stehen. Die Verhandlung startete am Montag unter schweren Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt Minneapolis. Das Gericht hatte vergangene Woche die Auswahl der Geschworenen abgeschlossen. Richter Peter Cahill geht davon aus, dass das Hauptverfahren bis zu einen Monat dauern könnte.

Brutale Festnahme

Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai 2020 in Minneapolis bei einer brutalen Festnahme ums Leben gekommen. Videos haben dokumentiert, wie Polizisten den unbewaffneten Floyd zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie gut acht Minuten lang in Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb. Die Beamten hatten Floyd wegen des Verdachts festgenommen, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben.

Chauvin, der nach dem Vorfall entlassen worden war, muss sich wegen Mordes zweiten Grades ohne Vorsatz verantworten. Zudem wird Chauvin Mord dritten Grades vorgeworfen, worauf bis zu 25 Jahre Haft stehen. Auch muss er sich wegen Totschlags zweiten Grades verantworten, worauf zehn Jahre Haft stehen. Der Ex-Polizist ist derzeit auf Kaution frei und muss während des Prozesses anwesend sein. Chauvin hat auf nicht schuldig plädiert. Seine Verteidiger erklären, der Einsatz gegen Floyd sei gerechtfertigt gewesen, weil dieser Widerstand geleistet habe. Zudem argumentieren sie, dass Floyds Tod nicht auf Gewalteinwirkung zurückgehe, sondern vor allem auf dessen vorbelastete Gesundheit und Rückstände von Drogen in seinem Blut.

Der Anwalt von Floyds Familie, Ben Crump, sagte vor Beginn des Prozesses: „Die Fakten sind klar: Was George Floyd getötet hat, war eine Überdosis an exzessiver Gewalt.“

Floyds Schicksal hatte in den USA mitten in der Coronapandemie monatelang zu Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus geführt. Die Proteste erschütterten das Land in historischem Ausmaß. Der Prozess wird live übertragen. Die 14 Geschworenen, die letztlich über Chauvins Schuld oder Unschuld befinden werden, werden aber nicht gezeigt. Ihre Identität wird aus Sicherheitsgründen geheim gehalten. Zwei der Jury-Mitglieder gelten als Ersatzkandidaten, am Schluss werden also nur zwölf das Urteil fällen. Minneapolis hatte sich erst kürzlich wegen des Handelns der Polizei mit Floyds Familie auf eine Vergleichszahlung in Höhe von 27 Millionen US-Dollar (etwa 22,6 Millionen Euro) geeinigt. Das strafrechtliche Verfahren ist davon nicht direkt betroffen. Neben Chauvin sind drei weitere am Einsatz gegen Floyd beteiligte Ex-Polizisten angeklagt, die in einem separaten Verfahren ab dem 23. August vor Gericht stehen werden. Ihnen wird Beihilfe zur Last gelegt.

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