Die Pandemiebekämpfung ist nur eine von vielen Baustellen im Gesundheitsbereich

Corona, Spitäler und Hausärzte: Auf den neuen Minister kommen viele Aufgaben zu.
Dornbirn Mehr Sachlichkeit statt Show im Umgang mit der Pandemie. Das erwartet sich Gerald Fleisch, Chef der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG). „Ein Zug Nüchternheit wäre besser.“ Information und Aufklärung seien nun vor allem bei den Impfungen wichtig. Public Helath-Experte Martin Sprenger hofft, dass Österreich unter dem neuen Minister Wolfgang Mückstein wieder weg von einer Krankheits- hin zu einer Gesundheitsorientierung kommt. „Die Pandemie hat dazu geführt, dass wir uns nur mehr auf Risiken konzentrieren.“ Verhaltenspräventive Maßnahmen und Gesundheitskompetenz sollten gefördert werden, sagt er. Was den Umgang mit Corona angeht, vermisst Sprenger eine umfassendere Herangehensweise, die auch soziale oder ethische Fragestellungen miteinbezieht. „Nur der medizinisch-virologischen Perspektive wird Gehör geschenkt.“ Aus seiner Sicht sollten beispielsweise auch die psychische Gesundheit und soziale Ungleichheit eine wichtige Rolle spielen. Weitere Baustellen für Mückstein seien die Bereiche Prävention, Pflege und Allgemeinmedizin. Bei der Primärversorgung komme es bald zu einer Pensionierungswelle. Hausarztstellen sollten Sprenger zufolge quantitativ und qualitativ aufgewertet werden. „Denn wenn chronische Erkrankungen nicht vermieden und schlecht behandelt werden, sind die Spitäler erst recht gefüllt.“
Auch der Präsident der Vorarlberger Ärztekammer, Michael Jonas, wünscht sich, dass die Kassenmedizin an Attraktivität gewinnt. „Das betrifft insbesondere Ärztinnen.“ Über 50 Prozent der ausgebildeten Mediziner seien Frauen. Für diese sei das jetzige Kassenarztsystem familienfeindlich und uninteressant. Jonas verweist auch auf Handlungsbedarf im Spitalsbereich. Spitalsärzte dürften nicht ausgebeutet werden. Es sei geboten, das Arbeitszeitgesetz auch einzuhalten. „Der Minister muss dafür sorgen, dass nicht eine Übergangslösung nach der anderen gefunden wird.“
KHBG-Chef Gerald Fleisch hofft, dass Mückstein die wichtige Rolle der öffentlichen Krankenhäuser im Blick behält: „Sie sind das letzte Netz.“ Vielfach werde übersehen, dass die gesamte ärztliche Ausbildung in den Spitälern erfolge. Das Spitalswesen sei auch jene Institution, die rund um die Uhr offen habe. Es brauche entsprechende Ressourcen. Als positiv wertet Fleisch, dass sich Mückstein für Ärztegemeinschaften und Primärversorgungszentren einsetzt. Vielleicht gelinge es ihm auch, im Wahlärzte-System aufzuräumen. „Es gibt so viele Topärzte, die nicht versorgungswirksam sind.“
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