Schmerzfrei
Das Licht rückt näher, ihr Lieben da draußen, nur noch ein bizzele brav sein, dann haben wir‘s hinter uns, hofft Frau Ammann. Die Modellregion Vorarlberg hat sich blendend bewährt, LH Wallner und sein Team haben das Experiment klug und kompetent gemanagt. Vorbild für Österreich. Das Virus wird uns zwar noch länger begleiten und sich mit Winkelzügen immer wieder wichtig machen, aber unsere Forscher lassen sich nicht mehr so schnell abhängen von dem Ding, der Grundcode ist geknackt, wir sind schon fast auf Augenhöhe und werden, vorausgesetzt die Impfzögerer und Verweigerer lassen sich noch überzeugen, bald wieder tanzen und schmusen können.
Dreister als Haider
Frau Ammann ist fast euphorisch, zumal wir ja auch einiges gelernt haben in dieser schrägen Zeit. Wir wissen jetzt, wer bei uns „systemrelevant“ ist, was unter „Inzidenz“ zu verstehen ist, was „Aerosole“ alles anrichten können, und wir konnten im Schatten der Pandemie Charakterstudien über die türkisen Regierungs-Protagonisten anstellen, die sich zum Teil noch dreister benehmen als weiland Jörg Haiders Buberl Partie. Ein frecher Tanz auf Messers Schneide. Aber diesem atemberaubenden Jonglieren zwischen Verfassungsbruch und dem Ignorieren von Höchstgerichtsurteilen scheint nun doch Einhalt geboten zu werden. Demnächst könnte sich ein unabhängiger Richter der Sache annehmen, der gelernt hat, rhetorische Finessen bis aufs Faktische zu filtern.
„Am Teflon dieser Herren prallt offensichtlich alles ab, solange die Umfragewerte stimmen.“
Sie müssen wissen, meine Mama war eine brave ÖVP-Wählerin, zeitlebens, aber als sie von Kurz‘ens Applaus hörte, nachdem sein „Adlatus“ Thomas Schmid einem Kirchenmann die Leviten gelesen hatte, weil man gewagt hatte, die türkise Flüchtlingspolitik zu kritisieren („ zunächst rot, dann blass, dann zittrig“), hat sie sich dreimal im Grabe umgedreht. Zynischer kann man Christlich und Sozial nicht persiflieren. Am Teflon dieser Herren prallt offensichtlich alles ab, solange die Umfragewerte stimmen. Irgendwann aber werden die gstandenen Schwarzen, die Kurz noch die Stange halten, vor dem Offenbarungseid stehen, spätestens wenn die Wählerschaft das Spiel des Blenders durchschaut hat.
Keine Skrupel
Das Ausland schüttelt schon länger den Kopf. Die NZZ: „Skrupel besitzt er keine, wenn es darum geht sich als Macher zu präsentieren. Mit seiner bisherigen Politik der Inszenierung wird er nicht mehr weiterkommen.“ Und die SZ zur möglichen Anklage gegen Kurz: „Österreichs Kanzler in einem Ermittlungsverfahren – das ist ein Hammer . . . Man muß schon ziemlich schmerzfrei sein, um in einer solchen Situation alles an sich abperlen zu lassen und so zu tun, als sei man wieder einmal Opfer einer Kampagne.“ Genau diese Schmerzfreiheit könnte ihm eines Tages zum Verhängnis werden.
Reinhold Bilgeri ist Musiker, Schriftsteller und Filmemacher, er lebt als freischaffender Künstler in Lochau.
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