Peter Schröder

Kommentar

Peter Schröder

Die Impfstoff-Apartheid

Politik / 30.05.2021 • 14:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

In vielen Teilen der Welt macht gegenwärtig das schlimme Wort von der Impfstoff-Apartheid die Rede. Es ist die unverzeihliche Geschichte eines mit Rassismus garnierten fast weltweiten Egoismus, der den regierungsamtlichen Handlangern der Menschenverachtung noch auf die Füße fallen wird. Und die Opfer werden nicht nur die ausgegrenzten Menschen sein, die, Pech gehabt, eben “anders sind als wir”.

Es geht um die nicht zufällige, sondern dezidiert gewollte und akribisch organisierte Ungleichheit der Verteilung von Impfstoffen gegen das Corona-Virus, das weltweit schon mehr als 3,5 Millionen Menschen den Tod brachte. Die, sagen wir es doch unverblümt, überwiegend weißen Bewohner der reichen Industriestaaten sind trotz vieler amtlicher Dummheiten und Versäumnisse bei der Versorgung mit lebensrettendem Impfstoff noch relativ gut davongekommen. Hier starben, gemessen an der Bevölkerungszahl, vergleichsweise Wenige. In den anderen Staaten, mit überwiegend nicht-weißer Bevölkerung, starben verhältnismäßig bis zu hundert Mal mehr Menschen.

Es geht um die nicht zufällige, sondern dezidiert gewollte und akribisch organisierte Ungleichheit der Verteilung von Impfstoffen.

Der Hauptgrund für das Missverhältnis ist die Versorgung mit Impfstoffen. In den “reichen” Ländern sind bis jetzt, grob gerechnet, etwas mehr als 50 Prozent der dort Lebenden geimpft. In den übrigen, armen, Ländern dagegen nur zwischen vier und sechs Prozent. Weil es bei ihnen nicht genügend Impfstoffe gibt. Denn die werden in den Industrieländern produziert und die “Reichen” rücken sie nur zaghaft heraus. Und schon haben wir die Impfstoff-Apartheid organisiert.

Die auch von der EU und den USA mit Exportverboten praktizierte “erst mal sind wir selber dran”-Politik ist dabei mehr als nur ein ethisches Dilemma. Wenn bei den “Reichen” regelmäßig Millionen von Impfdosen vergammeln und weggeworfen werden statt sie schleunigst zu den “Armen” zu schicken, und wenn die “Reichen” den Armen nicht schnellstens beim Aufbau einer eigenen Vakzin-Produktion helfen, werden sie nicht nur mitschuldig am vermeidbaren Tod vieler Menschen.

Denn die egoistische Beförderung der Apartheid-Tragödie hat auch für “reichen” Staaten weitreichende Folgen. In den unterversorgten “armen” Ländern entstehen Covid-Mutationen, die über kurz oder lang auch in anderen  Ländern grassieren werden und gegen die möglicherweise kein Impfstoff hilft. Die Verantwortlichen müssen deshalb helfen. Jetzt und sofort.