Edtstadler: “Vielleicht müssen sie verwahrt werden”

Politik / 02.07.2021 • 05:45 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Edtstadler: "Vielleicht müssen sie verwahrt werden"
„Bei gefährlichen Rechtsbrechern wird man überlegen müssen, ob man sie verwahrt”, sagt Edtstadler. APA

Was tun, bis feststeht, ob ein Straftäter ausreisen muss?

Wien Die Tötung eines 13-jährigen Mädchens wird zum Politikum. Einer der Verdächtigen ist ein Asylwerber, der seinen Schutzstatus verlor, aber noch nicht abgeschoben wurde. Man werde solche Verbrecher in Zukunft bis zu ihrer Abschiebung wohl verwahren müssen, meint Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler zum Umgang mit straffälligen Asylwerbern. Ob es sich da um Kapitalverbrecher handeln müsse, sei nun Gegenstand von Gesprächen. 

Offenbart dieser Mord tatsächlich ein Problem im Asylsystem?

Wir dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen. Wir müssen in dem Einzelfall genau hinsehen, denn einem der Festgenommenen wurde der subsidiäre Schutzstatus bereits aberkannt. Die Entscheidung in der zweiten Instanz stand aber noch aus. Wir müssen aufklären, warum der Fall liegengeblieben ist und wo die Lücken im System sind.

Wo sind sie?

Wir müssen schauen, warum der Tatverdächtige noch im Land war und wo hier die Fehler passiert sind. 

Rechtsanwalt Wilfried Embacher erklärte auf Ö1 und Puls24, dass der Asylwerber vor einer zweitinstanzlichen Entscheidung abgeschoben hätte werden können, wenn der Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl entsprechend formuliert gewesen wäre. Kennen Sie den Bescheid?

Ich kenne seine Einschätzung nicht genau. Diese Frage ist mir auch zu unkonkret. Da geht es nämlich wirklich ums Detail. Der Tatverdächte hatte keinen Asylstatus, sondern subsidiären Schutz, wurde straffällig und daraufhin wurde das Aberkennungsverfahren eingeleitet. Es ist aber nicht rechtskräftig entschieden worden und liegengeblieben, aus welchen Gründen auch immer. Das wird die Justiz klären müssen.

Die Fälle, die medial aufschlagen, sind häufig Abschiebungen von sehr gut integrierten Menschen. Auf der anderen Seite sehen wir nun die aktuelle Diskussion. Da passt doch was nicht zusammen.

Wenn jemand bei uns keinen Schutz bekommt, weil er nicht persönlich verfolgt ist, dann ist das auch zu vollziehen. Dann ist es nicht ausschlaggebend, ob er integriert oder Lehrling ist. Das Asylrecht hat die Aufgabe, Menschen vor persönlicher Verfolgung zu schützen. Auf der anderen Seite muss bei einer Anklage und rechtskräftigen Verurteilung rasch entschieden werden. Ein Beschleunigungsgebot gibt es seit 2017. Nach rechtskräftiger Verurteilung sollte es maximal drei Monate dauern. 

Wollen Sie das Thema Sicherungshaft neu diskutieren?

Eher im Sinne folgender Frage: Was macht man in der Zeit, bis entschieden ist, ob ein Straftäter das Land verlassen muss oder nicht? Und was tut man mit denen, bei denen der Asyl- oder Schutzstatus aberkannt wird, die man aber aus völkerrechtlichen und internationalen Vorgaben nicht abschieben kann.

Was sind Ihre Ideen?

Wenn jemand bei uns Schutz möchte, ein Kapitalverbrechen begeht und bei uns zur Gefahr wird, kann er nicht hier bleiben. Verbrechen ist im Strafgesetzbuch definiert mit über drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht und Kapitalverbrechen mit zehn bis 20 Jahren. Da reden wir unter anderem von Vergewaltigung, Mord und schweren Suchtgiftdelikten. Bei besonders gefährlichen Rechtsbrechern wird man sich überlegen müssen, ob man sie verwahrt. Das muss diskutiert werden.

Nur für Personen, die Kapitalverbrechen begangen haben?

Das werden wir sehen. Wir stehen wieder am Beginn der Diskussion.

Könnte nun jener Mechanismus greifen, wonach die Koalitionspartner unterschiedlich abstimmen dürfen?

Nein. Jeder Mensch sieht nach diesem bestialischen Mord die Notwendigkeit, politisch zu handeln. In welcher Form, müssen wir verhandeln. Es macht keinen Sinn, das außerhalb irgendwelchen Rahmens zu tun.